Liebe zur Freiheit - Hunger nach Sinn. Flugschrift über Weiberwirtschaft und den Anfang der Politik
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Antje Schrupp: Das Thema Politik als Handeln, bei dem die Folgen nicht verfügbar sind, beschäftigt mich auch grade, weil bei vielen Diskussionen über die Flugschrift mir das Bedürfnis von Frauen auffällt, nun irgendetwas "zu tun" und dabei häufig dieses instrumentelle Herangehen an "Politik machen" mitschwingt oder die Frage, wie man ein neues symbolisches Denken "umsetzen" kann. Die Beobachtung, dass dieses instrumentelle Politikverständnis charakteristisch für eine bestimmte, nämlich die "westlich-abendländische" Kultur ist, halte ich für richtig, was natürlich im Umkehrschluss heißt, dass wir vielleicht von anderen Kulturen in dieser Hinsicht etwas lernen könnten. Und wenn nur, dass es nicht überall so selbstverständlich ist, wie bei uns. Im Moment von mir drei Gedanken dazu: - in der neuen Via Dogana steht ein Artikel von Luisa Muraro, wo sie etwas darüber schreibt, wie bisher unmögliche Dinge möglich werden: Indem eine sie einfach tut nämlich. Also statt "Möglichkeiten schaffen" (im Sinne von Gesetze verändern, den Zugang erkämpfen, Mehrheiten suchen etc, die üblichen Instrumente der Politik) einfach anfangen und etwas neues tun. Damit ist es dann gleichzeitig auch möglich geworden. Diese Idee finde ich sehr reizvoll. gestern war ich zu einem Tagesseminar in Wetzlar und bei den Diskussionen dort ist mir nochmal die Bedeutung des Begehrens als der erste Anstoß für Veränderungen klar geworden. Also: Es ist nicht diejenige, die Macht hat, klug ist, Dinge weiß und kann, die Veränderungen anstößt, sondern diejenige, die etwas begehrt und dann dieses Begehren in die Welt trägt, indem sie es ausspricht, sich auf die Suche nach weiblicher Autorität macht, die zwischen diesem Begehren und der Realität vermittelt, und so Dinge verändert. - drittens schließlich denke ich über den Zusammenhang all dessen mit der Transzendenz nach. Ich habe grade einen Artikel über Religion und Werbung geschrieben unter der Überschrift "Nichts ist unmöglich". Quintessenz ist ungefähr: Wenn Toyota verspricht: Nichts ist unmöglich, dann bedeutet das, dass wir schon abgeschrieben haben, dass etwas Unmögliches geschehen könnte und uns resigniert mit dem Möglichen zufrieden geben. Denn natürlich erwarten wir von Toyota nicht wirklich etwas unmögliches. Aber in der Bibel steht, bei Gott ist nichts unmöglich. Es gibt also einen solchen Ort. Der Verweis auf Transzendenz wäre nämlich auch eine Form, ein nicht-instrumentelles politisches Handeln zu denken: Die Folgen dessen, was wir tun, haben wir nicht selbst in unserer Verfügbarkeit, aber sie sind auch nicht einfach dem Zufall überlassen, sondern liegen in Gottes Hand. Was das bedeuten könnte, darüber müssten wir natürlich auch noch weiter nachdenken. (25.3.01) |