Liebe zur Freiheit - Hunger nach Sinn. Flugschrift über Weiberwirtschaft und den Anfang der Politik
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Ina
Prätorius: Gerade kam im 3sat eine Lesung: Renate Feyl, Idylle mit Professor. Das ist ein historischer Roman, in dem es um das Schicksal der Victoria Gottsched geb. Kulmus (oder so ähnlich) geht, die ihrem berühmten Gatten zuerst jeden Wunsch von den Augen abliest, dann selbst als Lustspielautorin berühmt wird, kinderlos bleibt, der schliesslich der Professorgatte das Leben zur Hölle macht... Ich hab mir das angehört, dachte: War mal wichtig, ist vorbei. Dieses verbreitete Genre "Frauen (oder Schwestern oder Mütter oder Töchter) berühmter Männer" bildet eine wichtige Empörungsphase des Feminismus ab. Haarklein und sehr ausführlich wird da geschildert, wie Männer es schaffen, Frauen das Leben zur Hölle zu machen, die sich nicht "wie Frauen" verhalten... Heute kommt mir das altbacken vor. Allenfalls an einem verregneten Augustsonntag vermag mich dieses Thema, das ich als zu dünn empfinde, noch für eine halbe Stunde auf mein Sofa zu bannen. Geht es euch auch so? (6.8.2000)
Antje
Schrupp: Das ganze Genre "Frauen berühmter Männer", "große Frauen", "die erste Frau als...", "eine Frau in..." usw. gehört natürlich logisch in eine Zeit, wo "normalerweise" nur Männer berühmt, groß, irgendwas oder irgendwo waren. Indem wir uns gegen diesen Zustand empörten, setzten wir ihn aber immer noch als das "eigentliche" voraus. Und so kommen diese Denkmuster zustande. Auch wir haben früher ja gedacht, es gibt Frauen, die sich "normal" verhalten und Frauen, die sich "unnormal" verhalten (was bedeutet, wie ein Mann). Bloss dass wir das gut fanden und die "herrschende Moral" fand das schlecht. Aber der Tatbestand als solcher wurde von uns nicht angezweifelt, war ja sogar die Voraussetzung für das damalige Verständnis von Frauenbewegung. Heute ist diese Unterscheidung in "normal" und "unnormal", soweit sich die "Norm" an dem orientiert, was Männer tun, aber obsolet geworden, und damit auch diese Bezeichnungen. Sie machen keinen Sinn mehr und wirken lächerlich (und langweilig). So ähnlich wie ein Krimi, wo der Detektiv verzweifelt herumläuft und ein Telefonhäuschen sucht. Das macht heute, im Handyzetialter, keinen Sinn mehr. Wenn man einen solchen Film sieht merkt man gleich, der wurde "damals" gedreht, im Vor-Handyzeitalter. Wenn von "Frauen berühmter Männer" etc. die Rede ist, merkt man, das wurde "damals" gesagt, vor dem Ende des Patriarchats (woran man sieht, dass dieses Ende kein fester Zeitpunkt ist, sondern - u.U. zeitlich verschoben - in den Köpfen der Menschen stattfindet). |