Antje Schrupp im Netz

Abenteurerinnen

Bild

»Politiker und politische Institutionen sind in Misskredit geraten. Die Fortschritte in den Naturwissenschaften lösen eher Angst aus als Hoffnung, eher Störungen des Gleichgewichts als Wohlergehen. Die Länder, die die Demokratie exportieren, exportieren in Wirklichkeit Krieg und Hungersnöte. Was die Ideen angeht, sind wir nun schon bei der Wiederholung der Wiederholung.

Aber Krisenzeiten sind günstige Gelegenheiten für Abenteurer oder könnten es werden. Und wir sind Abenteurerinnen.«

Luisa Muraro

Als ich anfing, diesen Text zu schreiben, kam die Frauenbeauftragte des Verbandes, bei dem ich arbeite, in mein Zimmer und schimpfte, frustriert über die gegenwärtigen Kürzungen bei Frauenbildung und Frauenprojekten: »Manchmal sieht es so aus, als wären wir wieder in 1954 angelangt.« Ich antwortete spontan: »Manche vielleicht schon. Aber wir doch nicht!«

Wer sind wir? Und wer sind sie?

Diese Frage scheint mir entscheidend für die Suche nach neuen Möglichkeiten des (frauen-)politischen Handelns in der gegenwärtigen Situation, die eine Situation der Krise ist, wie wir tagtäglich in den Zeitungen lesen können. Es ist nämlich wichtig zu sehen, dass nicht die Frauenbewegung sich in einer Krise befindet, sondern die herkömmlichen politischen Strukturen, die offensichtlich nicht in der Lage sind, auf die aktuellen Herausforderungen Antworten zu finden.

Sind wir dazu in der Lage?

Die Frauenbewegung ist die wohl erfolgreichste soziale Bewegung, die die westliche Welt erlebt hat. Kein anderer gesellschaftlicher Bereich hat sich in den letzten dreißig Jahren so sehr zum Positiven verändert, wie das Verhältnis von Frauen und Männern. Frauen haben für sich gleiche Rechte errungen, sie haben die alten Rollenbilder aufgebrochen und mit neuen Formen von Weiblichkeit experimentiert, sie haben an Einfluss gewonnen und neue Möglichkeiten für sich und ihresgleichen geschaffen. Nun kommt es darauf an, diese Möglichkeiten und Errungenschaften auch sinnvoll zu nutzen. Sie als bedeutsame kulturelle Veränderung ins öffentliche Bewusstsein zu bringen, sie ausstrahlen und wirksam werden zu lassen. Gerade in Krisenzeiten wie diesen, wo die Welt gute Ideen so nötig hat.

Dieser Text ist ein Diskussionsangebot für alle, die sich dieser Herausforderung stellen wollen – für Abenteurerinnen also. Denn es ist in der Tat ein Abenteuer, nach neuen Wegen in der (Frauen-)Politik zu suchen. Es bedeutet auch, das sichere Terrain der eigenen Gewissheiten zu verlassen, das bislang Undenkbare zu denken und das scheinbar Unmögliche zu versuchen, auch wenn es ungewohnt und vielleicht sogar gefährlich ist. Deshalb ist es gut, sich nicht allein auf die Reise zu begeben, und auch ich habe das nicht getan. Den Anstoß zu diesen Überlegungen gaben Fraueninitiativen, die mich zu diesem Thema anfragten: die AktivenFrauenBiebesheim , das FrauenzentrumAugsburg und andere. Viele Ideen, die sich in diesem Text wieder finden, entstanden in vielfältigen Diskussionen und Gesprächen, allen daran Beteiligten möchte ich dafür danken.

Einleitung aus: Antje Schrupp: Zukunft der Frauenbewegung, Christel-Göttert-Verlag, Rüsselsheim 2004, 5 €.

Mehr zum Thema lesen:

«Gerade wenn Frauen emanzipiert sind, brauchen wir den Feminismus« (Interview in der Schlangenbrut)

Wo ist der Zusammenhang? Zukunftsperspektiven der Frauenbewegung (Vortrag)

[Frauen machen Gesellschaft. Was kommt nach der Gleichstellung?](emanzipation)(Vortrag)

Rezensionen:

Andrea Duphorn, Main-Spitze, 8.3.2005: http://www.christel-goettert-verlag.de/verlag_presse_2-8.htm

Juliane Brumberg in Schlangenbrut, Februar 2005

Bettina Melzer, »ab 40«: http://www.ab40.de/seiten/05_2_8b.html

efi (Evangelische Frauen-Information), 2/2005

Veronika Wöhrer in Österreichische HochschülerInnenschaft

Simone Simon in Innovative, Mai 2006

Daniela Scharrer in: Spinnboden

Zeitschrift für Politikwissenschaft

blattgold, November 2004

Elke Markmann, Kirchenkreis Unna: http://www.evangelisch-in-unna.de/909.html

Barbara Streidl auf maedchenmannschaft.net