Antje Schrupp im Netz

Frauen und Aliens

Dass Frauen Aliens sind, ist keine ganz neue Einsicht. Als Gene Roddenberry 1964 den Pilotfilm zu Star Trek drehte, besetzte er den Kapitän seines Raumschiffs Enterprise zwar ganz konventionell mit einem weißen Mann. Die »Nummer Eins« jedoch, der erste Offizier also, war eine Frau, und die »Nummer Zwei« ein Außerirdischer, nämlich Spock vom Planeten Vulkan . Dem Fernsehsender NBC waren das jedoch zu viele Aliens auf der Kommandobrücke – bekanntlich blieb der Vulkanier Spock mit seinen spitzen Ohren der Serie erhalten, die weibliche »Nummer Eins« dagegen wurde gestrichen.1

Sind also Frauen in der Welt der Männer sogar größere Aliens als echte Außerirdische? Offensichtlich. Andererseits fühlen sie sich oft auch selber so, zum Beispiel dann, wenn sie sich Zugang zu ehedem exklusiv männlichen Institutionen verschafft haben. Vielen kommt es dort so vor, als tauchten sie in eine andere, eine fremde Welt ein, mit anderen Riten, anderen Regeln, anderen Sitten und Inszenierungen. Man könnte auch sagen: Sie wechseln hinüber in ein Paralleluniversum.

Das Phänomen schildert auch die amerikanische SF-Autorin James Tiptree Jr. (alias Alice Sheldon) in einer ihrer Geschichten. Sie erzählt von einer Frau, die voller Zuversicht und Freude durch das Chicago einer fernen Zukunft läuft. Einer Zukunft, in der es keine Gewalt, keine Abgase, keine Männer, keinen Lärm und keine Hektik mehr gibt.2Aber manchmal wird ihr schwindlig, manchmal hat sie Halluzinationen, und dann ist sie plötzlich mit einer anderen Realität konfrontiert, einer, in der sie keine freie, starke Frau ist, sondern eine depressive Vorstadtmutter, die völlig den Verstand verloren hat. Wer ist diese Frau? Ist sie verrückt? Oder ist sie einfach nur ein Wesen aus einer anderen, vielleicht besseren Welt?

Obwohl Frauen Aliens sind oder zumindest in einem Paralleluniversum leben, interessieren sie sich durchaus für die Erde. In dieser Hinsicht unterscheiden sie sich nicht von den Marsianern und wer sonst schon alles ein Auge darauf geworfen hat. Frauen sind neugierige und wissbegierige Aliens. Sie gehen in Parlamente, in Kneipen, an Universitäten, sogar zu Out-of-this-World-Kongressen. Es interessiert sie, was die anderen machen. Sie wollen mitspielen, dabei sein, sich Anregungen holen, ihren Senf dazu geben. Das ist beileibe nichts Neues. Schon immer haben Frauen das parallele, männliche Erdenuniversum besucht. Sie haben sich dafür verkleidet, unsichtbar gemacht und angepasst. Solange sie unentdeckt blieben, konnten sie den ein oder anderen Blick riskieren. Sie konnten zu Ruhm gelangen wie Alice Sheldon, die als James Tiptree Jr. mit ihren (durchaus sogar feministischen) SF-Geschichten über ein Jahrzehnt Furore machte, bevor sich herausstellte, dass sie kein junger, aufstrebender Autor, sondern eine ältere Dame ist. Einer anderen Frau ist es im 9. Jahrhundert der Legende nach sogar gelungen – natürlich als Mann verkleidet – Papst zu werden.3Doch in den letzten dreißig, vierzig Jahren hat die Invasion der Frauen zweifellos eine Wende genommen. Denn immer mehr von ihnen hören auf, sich überhaupt noch zu verkleiden. Oder wenn, dann nur notdürftig. Sie wollen nicht länger einfach nur mitspielen, sie wollen, dass die Spielregeln geändert werden. Und die Krönung von all dem: Manche Frauen behaupten sogar, sie wären gar keine Aliens, sondern gehörten hier genauso hin, wie die Männer!

Die weibliche Invasion auf der Erde war also erfolgreich: Das Verhältnis der Geschlechter wurde reloaded , heute ist da kaum noch etwas so wie vor dreißig Jahren. Teilweise wurde dafür mit harten Bandagen gestritten und ein wahrer clash of civilizations ausgefochten – am Herd und am Schreibtisch, im Bett und auf der Straße, in Chefetagen und Kantinen. Jetzt ist es weitgehend vorbei, jedenfalls in zahlreichen Regionen des Planeten. Andernorts ist der Kampf zwar noch in vollem Gange, aber ausgebrochen ist er überall. Die Ansprüche der Frauen sind weitgehend legitimiert (wenn auch noch nicht überall durchgesetzt), es gilt inzwischen als ungehörig, Frauen als Aliens zu bezeichnen. Sie haben nämlich gleichberechtigt zu sein und behandelt zu werden.

Nur: Frauen sind trotzdem noch Aliens. Irgendwie.4Woran liegt das? »Es« liegt nicht an der Böswilligkeit der Männer, nicht an der fehlenden Skrupellosigkeit der Frauen und auch nicht an der Unbeweglichkeit der Strukturen. Es liegt nicht an den fehlenden Kinderkrippen, den Männerkungeleien, der weiblichen Harmoniesucht, auch wenn das alles natürlich zu Recht beklagt wird. Aber »es« lässt sich nicht mit Frauenförderplänen oder politischer Correctness abstellen und auch nicht mit Demonstrationen, akademischen Abhandlungen oder Therapien. Es scheint eine Grundkonstante dieser Welt zu sein. Sie sind das andere. Sie sind Aliens. Sie verkörpern die Differenz.5Dazu würde auch passen, was die italienische Philosophin Luisa Muraro in einem Aufsatz geschrieben hat, dem sie den Titel »Frauen aus der anderen Welt«6gab. Darin zieht sie eine Bilanz der Frauenbewegung am Beginn des 3. Jahrtausends und kommt zu dem Schluss, dass trotz aller Erfolge und Anstrengungen das weibliche Begehren »unübersetzbar« bleibt, dass es sich nicht übertragen und einordnen lässt in die Regeln und Handlungsmöglichkeiten dieser, von tausenden Jahren Patriarchat geprägten Welt.7

Science Fiction und Feminismus: Spiele, deren Regeln sich ständig ändern

Es liegt natürlich nahe, die Antworten auf das Problem der Frauen-Alien-Existenz im Science Fiction zu suchen. Jenem Genre also, in dem sich Raumschiffe auf den Weg machen, um fremde Welten zu erforschen, neue Lebensformen und unbekannte Zivilisationen. Der Kontakt zu den Aliens ist hier ein zentrales Thema, und – interessanter Weise – gibt es auch unter den meisten Alien-Kulturen Frauen, die dasselbe Problem haben wie die auf der Erde. Da kann es zum Beispiel passieren, dass das Raumschiff Voyager 80.000 Lichtjahre von der Erde entfernt Kulturen antrifft, die dieselbe Geschlechtsrollenverteilung praktizieren, wie die westliche Hemisphäre der Erde in den1960er Jahren.8Die Tatsache der sexuellen Differenz ist also ein Phänomen, das nicht nur auf der Erde, sondern selbst im hintersten Zipfel des Universums existiert. Sollten also nicht in diesen Weiten des Alls auch Antworten zu finden sein?

Zugegeben: All diese Sterne, Kulturen und fremden Wesen existieren nicht wirklich. SF-Geschichten sind Erfindungen, geschrieben von Erdenmenschen, und das schlägt sich nieder. Abertausende Titel gibt es, und die meisten davon sind ausgesprochen schlecht: »Primitive Geschichten, manchmal grotesk und oftmals umwerfend armselig in ihrer Phantasie«9, so lautet das vernichtende Urteil der Literaturwissenschaftlerin und SF-Autorin Johanna Russ, vom kläglichen Frauenbild ganz zu schweigen. Kein Wunder, dass Science Fiction bei Frauen nicht sehr beliebt ist. Trotzdem stellt aber der SF eine Frage, von der auch die Frauenbewegung immer wieder inspiriert wurde: Was wäre wenn?10Es ist die Infragestellung der Norm, das Spiel mit anderen Möglichkeiten, das den Reiz des SF ausmacht: Was wäre, wenn man Roboter und Menschen nicht mehr auseinander halten könnte? Was wäre, wenn wir außerirdisches Leben träfen? Natürlich wimmelt es auch im Weltall von unsympathischen Typen, die sich selbst kurzerhand zur Norm erklären – der erwachsene, weiße Mann von der Erde ist da kein Einzelfall. Doch in den Weiten des Universums oder der fernen Zukunft werden die Karten immer wieder neu gemischt, kann das Unglaubliche geschehen, wird jede Norm über kurz oder lang obsolet.

Ein Science Fiction ist ein »Gedankenexperiment«, schreibt Ursula K. LeGuin, eine Pionierin der feministischen SF-Literatur, »ein Spiel, dessen Regeln sich ständig ändern.«11Das unterscheidet SF von »ernsthaften« politischen Utopien, die meist einen realisierbaren gesellschaftlichen Idealzustand entwerfen wollen. Im SF dagegen geht es nicht darum, feste oder gar optimale Szenarien zu erfinden, sondern darum, mit anderen Möglichkeiten zu experimentieren. Dabei öffnet sich eine faszinierende Fülle von parallelen Welten, die bevölkert sind mit Männern und Frauen, mit androgynen Wesen, mit Robotern und kleinen grünen Männchen, mit Zeitreisenden, intelligenten Einzellern und ähnlich unwahrscheinlichen Lebensformen. Und egal ob sie aus der Feder einer feministischen Autorin oder eines konventionellen Autors stammen: Letztlich schlagen sie sich alle mit Fragen der Differenz herum. Ihre »Experimente« sind für die feministische Theoretikerin der Erde äußerst interessant, denn die Grenzen ihrer Welten sind nicht von dem definiert, was machbar oder »realistisch« ist, sondern allein von der Vorstellungskraft ihrer Autorinnen und Autoren.12

In den Frühzeiten der SF, als die bürgerlichen Geschlechterrollen noch voll funktionstüchtig waren, war es ein beliebtes Stilmittel, Frauen so auftreten zu lassen, wie man es sonst eigentlich nur von Männern kennt, etwa in strenger Uniform und mit fester Stimme Befehle erteilend. Durch diese Irritation sollte die Distanz einer »fernen« Zukunft sichtbar gemacht werden: Anders an den Frauen ist in diesem Fall, dass sie gerade nicht anders sind. Legendär in dieser Rolle ist Eva Pflug als Sicherheitsoffizier Tamara Jagellovsk in der deutschen Serie RaumpatrouilleOrion aus den späten 1960er Jahren. Dass der Versuch eher linkisch ausgefallen ist, liegt weniger am Konzept, als daran, dass die Phantasie der deutschen Orion -Macher für ein solches Frauenbild offenbar noch nicht ausreichte. Besser gelungen ist der Versuch der norwegischen Feministin Gert Brantenberg, die in ihrem Roman »Die Töchter Egalias«13nicht nur die Frauen wie Männer sein lässt, sondern auch die Männer wie Frauen, was zu einer amüsanten Umkehrung von Rollenstereotypen führt: mit Herrleins, PHs (Penishaltern) und dergleichen mehr. Das mag damals, in den 1970er Jahren, lustig gewesen sein, heute allerdings gehört das »Frauen sind wie Männer«-Schema zum Standard, und zwar nicht nur in der Fiktion, sondern längst auch im wirklichen Leben. Frauen wie Brantenbergs machohafte Direktorin Bram sind ja keine Fiktion mehr, man trifft sie heutzutage überall, und wenn in Filmen wie Matrix Heldinnen in langen schwarzen Mänteln virtuos an die Waffen eilen, um die Welt zu retten, dann irritiert das niemanden mehr. Mit der Frauenemanzipation hat die Figur der muskulösen, kämpfenden und befehlenden Frau ihre Aussagekraft verloren. Sie ist uninteressant geworden und kann höchstens noch im Stile von Lara Croft als Wichsvorlage für Männer dienen, die den alten Zeiten hinterher trauern.

Die Versuchung des Neutrums: Warum Androgynität nicht funktioniert

Ein ambitionierterer Versuch, dem patriarchalen Norm-Mann und den von ihm geschaffenen Weiblichkeitsrollen etwas entgegen zu setzen, ist die Erfindung androgyner Wesen, die nicht mehr eindeutig »männlich« oder »weiblich« sind. Dies jedoch bedeutet nichts anderes als die Abschaffung des Geschlechts – es ist der logisch nächste Schritt, der auf die Gleichheit der Geschlechter folgt.14

Wie schwierig, wenn nicht gar unmöglich das allerdings ist, zeigt der Versuch aus Star Trek – TNG , mit dem Androiden Data ein geschlechtsloses Wesen einzuführen. Data ist ein Roboter, der zwar aussieht wie ein Mensch, aber lediglich Daten verarbeitet, und zwar in großen Mengen, absolut exakt und unbestechlich. Er zeigt keine Eigenschaften und Fähigkeiten, die im allgemeinen als »weiblich« oder »männlich« gelten. Doch schon Datas Schöpfer wusste, dass er unter Menschen nur würde leben können, wenn er einem der beiden Geschlechter zugeordnet ist. Er schuf ihn »nach seinem Bilde«, also als Mann, und das hat zur Folge, dass Datas Geschlechtslosigkeit im Serienalltag schlicht nicht auffällt. Er ist ein Mann, wenn auch ein Roboter-Mann, und sein Streben nach Menschlichkeit muss unweigerlich zur Übernahme »männlicher« Verhaltensweisen führen. Androgynität kann in der humanoiden Gesellschaft nicht funktionieren, weil das menschliche Geschlecht nicht an die tatsächlichen Eigenschaften und Fähigkeiten des Individuums gebunden ist, sondern immer in einen kulturellen Kontext eingebettet. Und solange der von Zweigeschlechtlichkeit geprägt ist, bleibt dem (oder der) Einzelnen nichts anderes übrig, als nach diesen Regeln mitzuspielen, denn auch das Brechen von Regeln setzt diese nicht außer Kraft.

Wie aber wäre es, eine ganze androgyne Gesellschaft zu erfinden? Diesen Versuch unternahm Ursula K. LeGuin mit ihrem Buch »Winterplanet«15. Darin schildert sie eine Welt, in der die Menschen kein festes Geschlecht haben, sondern nur hin und wieder weiblich oder männlich werden. In diesem Zeitraum können sie Sex haben und Kinder empfangen oder zeugen, jeder Mensch kann also schon einmal Mutter oder Vater gewesen sein. Doch die meiste Zeit ihres Lebens sind sie androgyn. Das setzt den (männlichen) Besucher von der Erde in fruchtbares Erstaunen, allerdings erweist sich der Versuch, wie feministische Kritikerinnen zu Recht einwandten, als nicht wirklich gelungen. Denn da »öffentliche Präsenz« und »Männlichkeit« in unserer Erdenkultur so lange miteinander verknüpft waren, sind auch die geschlechtslosen Bewohner des Winterplaneten letzten Endes (zumindest für die irdische Leserin) mehr Mann als Frau.16

Ganz ähnlich erging es anderen feministischen SF-Autorinnen der siebziger Jahre, und zwar selbst dann, wenn sie ihre eingeschlechtlichen Welten ausschließlich mit Frauen bevölkerten. Ein Geschlecht ist eben kein Geschlecht – denn es fehlt die Differenz. Beispiele dafür sind etwa Françoise d’Eaubonnes »Mandelplanet«17, Joanna Russ’ »Planet der Frauen«18oder Sally Miller Gearharts »Wanderland«19. Sicher, hier gibt es »weibliche« Fähigkeiten, wie etwa telepatische Kommunikation, oder »weibliche« Riten, zum Beispiel aus Anlass der Menstruation, aber das ist eher Folklore. Schließlich werden auch in patriarchalen Gesellschaften ganz unterschiedliche Riten und Kulte praktiziert. Solange die Geschichten sich darauf beschränken, diese eingeschlechtliche Frauen-Welt zu beschreiben, bleiben sie farblos. Interessant wird es erst dann, wenn die Autorinnen doch wieder an die Zweigeschlechtlichkeit, an die Geschlechterdifferenz also, anknüpfen. Wenn sich ihre Protagonistinnen zum Beispiel an die böse Vergangenheit erinnern, damals, vor der Ausrottung der Männer, oder wenn die neuen, geschlechtslosen (weil allein anwesenden) Frauen mit patriarchalen, weiblichen Rollenmustern konfrontiert werden, die in einigen Paralleluniversen immer noch herrschen. Der Preis, um den Androgynität, besser: Geschlechtslosigkeit zu erreichen ist, scheint die Sterilität, die Langeweile zu sein. Dass Androgynität in der Tat die Ausmerzung des Anderen bedeutet und letztlich zum Totalitarismus führt, problematisiert auch eine Folge von Star Trek – TNG20: Die Enterprise kommt auf einen Planeten, wo sich aus einer ehemals zweigeschlechtlichen Gesellschaft eine androgyne entwickelt hat. Jedoch empfinden einige der Menschen dort immer noch verbotene geschlechtliche Neigungen, was die Stabilität der Kultur gefährdet. Die Gesellschaft kann ihre Androgynität nur wahren, indem sie den Abtrünnigen ihre »falschen« Gefühle in einer Art Gehirnwäscheprozedur austreibt.

Natürlich gibt es im SF dennoch eine Menge Lebensformen, die ohne Geschlecht auskommen: Winzige Nanozellen, zweidimensionale Wesen, alle möglichen Monster und Riesen, künstliche Intelligenzen oder Lebensformen, die keinen Körper mehr brauchen, weil sie auf anderen, transzendentalen Bewusstseinsstufen zuhause sind. Allein: Sie sind nicht humanoid, nicht menschlich. Sie haben, könnte man auch sagen, ganz andere Probleme. Die einzige überzeugende androgyne Gesellschaft, deren Mitglieder humanoide Körper haben, sind die Borg aus dem Star Trek -Universum. Bei den Borg handelt es sich um eine Kultur, die andere Gesellschaften assimiliert. »Widerstand ist zwecklos«, so ihre lapidare Mitteilung an die Opfer, und zwar deshalb, weil die Borg alle egoistischen Interessen ausgemerzt haben. Die Einzelnen hören auf, als solche zu existieren, ihre Gehirne sind alle untereinander verbunden. Auf diese Weise können sie sich Wissen, Erfahrung und Technologie der assimilierten Kulturen einverleiben: Sobald man gewaltsam »angeschlossen« wurde, ist das eigene Wissen allen verfügbar. Die Borg bilden ein echtes Netzwerk, keine egoistischen Interessen und Neigungen stören die effektive Zusammenarbeit des Kollektivs. Es gibt keine Abweichungen, keine »Anderen«. Und damit natürlich auch kein Geschlecht. Die Borg haben zwar männliche und weibliche Körper, aber das spielt in der Tat keine Rolle.21

Dass die Androgynität der Borg sie den Preis der Individualität kostet, zeigt die Geschichte der 7 of 9 aus der Serie Voyager . 7 of 9 wurde als Kind »assimiliert«, landet aber schließlich auf dem von Erdenmenschen geführten Raumschiff Voyager und wird gewaltsam vom Borg -Kollektiv getrennt. Ihre langsame Metamorphose hin zu einer selbstbewussten Individualität, die sich über viele Folgen erstreckt, geht unweigerlich einher mit der Ausbildung einer weiblichen Geschlechtsidentität, und zwar (genau darin besteht die Tragik) in ihrer klischeehaften Variante. Das heißt: 7 of 9 wird nicht einfach ein Mensch, sie wird eine Frau, und dazu noch eine, die Rollenstereotype erfüllt – was feministische Kritikerinnen scharf bemängelt haben. Doch letztlich ereilt 7 of 9 nur das Schicksal aller Individuen in zweigeschlechtlichen Welten: Sie müssen eine Geschlechterrolle darstellen. Transgender-Diskurse können nur geführt werden, indem man Rollenzuweisungen in Frage stellt. Wer als androgyner Mensch oder als »anderes« Geschlecht Erfolg haben will, muss sehr gut über Geschlechterrollen verhandeln können, sich also der eigenen Menschlichkeit absolut gewiss sein.22Gleiches gilt für freiheitsliebende Frauen, die weder auf ihre Weiblichkeit, noch auf ihre Freiheit (die ja gerade darin besteht, sich anders verhalten zu können als die Mehrheit ihrer Geschlechtsgenossinnen) verzichten wollen. Dass eine wie 7 of 9 , deren Problem gerade darin liegt, kein Mensch (gewesen) zu sein, in ihrer weiblichen Rollenfindung auf alte Klischees zurückgreift, statt sie in Freiheit zu transzendieren, wundert daher nicht.

Neue Welten: wenn Frauen (und nicht Männer) den Kurs vorgeben …

Wenn sich die Geschlechter nicht gleichmachen oder abschaffen lassen, stellt sich unweigerlich die Frage: Was wäre, wenn nicht die Männer, sondern die Frauen den Kurs vorgeben? Und zwar nicht einfach durch Umkehrung der Rollenmuster wie bei den Töchtern Egalias , sondern so, dass gerade das weibliche »Andere« zur Entfaltung kommt? Wegweisend für diese Variante war der Roman »Herland« der US-amerikanischen Frauenrechtlerin Charlotte Perkins Gilman aus dem Jahr 1918.23Gilman beschreibt eine Gesellschaft, der durch eine Naturkatastrophe vor Jahrhunderten die Männer abhanden gekommen sind. Den Frauen ist es gelungen, sich durch Parthogenese, also durch Jungfrauengeburt, fortzupflanzen – allerdings sozusagen in letzter Sekunde. Die Mutterschaft spielt seither eine zentrale Rolle in ihrer Kultur, alle sozialen Einrichtungen, Gesetze und Regeln sind darauf ausgerichtet, optimal für die nächste Generation zu sorgen. Das gibt eine ziemlich perfekte Gesellschaft, die auch die drei Männer, die aus Zufall »Frauenland« entdeckt haben, in Erstaunen versetzt.

Die Stärke von Gilmans Entwurf besteht darin, dass sie »Weiblichkeit« nicht in Abgrenzung von »Männlichkeit« entwirft, auch wenn eine aufklärerische Absicht, die zeitgenössischen Vorstellungen von den Grenzen und Schwächen des weiblichen Geschlechtes zu widerlegen, durchaus vorhanden ist. Gilmans Frauen wirken weitaus souveräner als viele dezidiert feministische Entwürfe aus den 1970er Jahren. Bei Eaubonne, Russ oder Gearhart lauert der Kampf der Geschlechter immer im Hintergrund, entweder weil die Frauen vorerst nur in einigen »befreiten Zonen« die Vorherrschaft erreicht haben, wie in Gearharts »Wanderland«, oder weil die patriarchale Vergangenheit ihnen noch immer präsent ist, wie im »Mandelplaneten«, oder weil die freie Frauenwelt nur eine von mehreren parallelen Möglichkeiten ist, wie im »Planet der Frauen«. In solch einem Setting muss sich das Weibliche als Abgrenzung, als Widerstand gegen das Männliche konstituieren. Dadurch tendiert es jedoch dazu, selbst klischeehaft und totalitär zu werden. Dies wird von den Autorinnen selbst durchaus problematisiert. Joanna Russ etwa erzählt ihre Geschichte aus der Perspektive einer Frau, die in vier »Varianten« auftritt: Jeannine, ein verhuschtes Weibchen aus dem Erdenpatriarchat der 1970er Jahre; Janet, eine starke, glückliche Frau von dem befreiten Frauenplaneten; Jael, eine skrupellos gegen die Männerwelt vorgehende (und gleichzeitig mit ihnen kungelnde) Kämpferin, die alle unsympathisch finden, die mit ihrem Kampf jedoch erst die Grundlage für Janets Freiheit schafft; und schließlich die Autorin selbst, Joanna, die versucht, ihren Alter-Egos gegenüber eine eigenständige Position zu finden. Auch in Gearharts »Wanderland« wird das skrupellose Vorgehen der feministischen Freiheitskämpferinnen ambivalent gesehen, etwa im Konflikt um die Frage, wie mit den »Sanften« umzugehen ist, also solchen Männern, die dem Patriarchalismus abgeschworen haben. Doch am Ende hilft es nichts: Die Autorinnen finden keine Vision, die aus der Frau-gegen-Mann-Perspektive hinausführt. Ihre Romane atmen weniger die visionäre Luft ferner Welten, als vielmehr den ideologischen Mief der 1970er Jahre. So ist man fast erleichtert, dass zum Beispiel Gisbert Haefs in seiner Barakuda -Trilogie dafür sorgt, dass die »Mördermütter von Pasdan« – eine eben solche abgeschottete, totalitäre Frauenkultur – von den freiheitlich denkenden Männern und Frauen seines Planeten Shilgat am Ende besiegt werden.24

Charlotte Perkins Gilman jedoch stellt das Verschwinden der Männer aus »Herland« nicht als Folge eines Kampfes dar, bei dem die Frauen siegten und die Männer unterlagen, sondern als Naturkatastrophe, die von den Frauen zunächst sogar betrauert wurde. Daher kann das »Weibliche« ihres Entwurfs sehr viel freier auftreten, sie kann sich ganz auf die Frage nach dem allgemeinen Guten konzentrieren, anstatt sich in Abwehrkämpfen zu verausgaben. Und genauso souverän, bestimmt, aber nicht herrschaftlich, treten ihre Protagonistinnen den männlichen Besuchern aus der patriarchalen Welt gegenüber. Weil sie sich ihrer eigenen Werte und Maßstäbe sicher sind, können sie den Fremden zuhören, sich für sie interessieren, sogar Liebesbeziehungen eingehen. Natürlich birgt solche Offenheit für »das Andere« eine Gefahr in sich. Doch ohne dieses Risiko ist eine freie Weiblichkeit, die mehr ist als der Kampf gegen das Männliche, nicht zu haben.

Freies Frauenland kann sogar mitten im Patriarchat entstehen

Dass ein freies Frauenland auch mitten im Patriarchat entstehen, sogar aus den Federn völlig unfeministischer Drehbuchautoren fließen kann, zeigt im Übrigen eine sehr lustige Episode aus Raumpatrouille Orion.25Sie erzählt von der Begegnung des machohaften Orion -Kapitäns Cliff Alister McLane mit einer weiblich dominierten Zivilisation auf dem Planeten Croma , einer ehemaligen Erdenkolonie. Das Ambiente auf Croma ist plüschig und die Atmosphäre angenehm, es gibt liebliche Natur, Tee und Plätzchen, sowie schöne Frauen im Überfluss. Doch zu McLanes Leidwesen sind die Einwohnerinnen von Croma keineswegs nachgiebig bei den heiklen Verhandlungen um die Nutzung der Sonnenenergie. Seinem Ärger macht er wiederholt Luft wie ein Mann, er pöbelt also, schreit herum und haut auf den Tisch, aber das fruchtet nichts. Später will er einen versöhnlicheren Versuch starten, stottert aber nur unbeholfen herum, bis ihm seine Gesprächspartnerin hilfreich vorschlägt: »Vielleicht schreien Sie wieder ein bisschen?«

Auch im Star Trek- Universum gibt es Frauen, die die selbstbewusste Kraft der weiblichen Differenz repräsentieren. Zum Beispiel Lwaxana Troi vom Planeten Betazet , eine Telepathin und Priesterin, die hin und wieder die Enterprise oder auch Deep Space Nine besucht. Normalerweise stiftet sie mit ihrer herrischen Art, ihrer offen gelebten Sexualität, ihrem Hang zu extravaganten Kleidern und ihrem festen Willen, nur das zu tun, was ihr gerade richtig erscheint, ziemlich viel Chaos. Aber sie verliert nie ihre Autorität und wird von allen respektiert. Eine ähnlich überzeugende Frau ist Guinan , die Wirtin im Enterprise -Restaurant (gespielt von Whoopy Goldberg), die mit Ironie, Weisheit und Einfühlungsgabe ihren Gästen nicht nur Getränke, sondern auch guten Rat anzubieten hat. Beide Frauen lassen nie einen Zweifel an ihrer Weiblichkeit aufkommen und können doch nicht auf Rollenmuster fixiert werden. Sie sind immer wieder für eine Überraschung gut und gehören damit zu den stärksten Figuren der Serie – wo sie allerdings nicht zur Stammbesatzung gehören, sondern nur in einigen ausgewählten Episoden auftreten. Dennoch zeigen sie, dass sich die Kraft der weiblichen Differenz im SF jederzeit Bahn brechen kann (und im »wahren Leben« ist das genauso).

Wenn es also möglich ist, weibliche Differenz zu leben, die sich nicht als Gegenmodell zum Patriarchat versteht, sondern aus dem eigenen Begehren, aus weiblicher Liebe zur Freiheit speist26, dann stellt sich unweigerlich die Frage, ob es möglich ist, eine solche freie Weiblichkeit auch in einer zweigeschlechtlichen Welt zu behalten. Gibt es, anders gefragt, eine Enterprise , auf der Frauen wie Guinan und Lwaxana Troi nicht nur hinter der Theke stehen oder hin und wieder zu Besuch kommen, sondern zur Crew gehören? Lässt sich eine echte Föderation gründen zwischen den Frauen von Croma und den Männern von der Erde? Wird »Frauenland« es überleben, wenn nicht mehr nur einzelne Männer zu Besuch kommen, sondern die Grenzen zu »Männerland« für alle offen sind? Können also, noch anders gefragt, Frauen freie Frauen bleiben, auch wenn sie ihren Gaststatus oder ihre Dominanz – was in gewisser Weise dasselbe ist – ablegen und gemeinsam mit den Männern, mit dem Anderen also, auf der Welt leben und für diese Verantwortung tragen?

Genau diese Frage stellt Ursula K. LeGuin in ihrem Buch »Planet der Habenichtse«27. Allerdings entscheidet sie sich für eine männliche Hauptfigur – leider, mag man aus heutiger Sicht sagen, damals aber (das Buch erschien 1974) war diese Wahl vielleicht sogar klug, da, siehe oben, das Thema weibliche Freiheit im öffentlichen Bewusstsein unweigerlich die Assoziation »Kampf gegen die Männer« nach sich zog. LeGuin wollte aber die Frage nach dem Verhandeln der Differenz stellen. In ihrer Geschichte geht es um die Auseinandersetzung zwischen dem kapitalistischen Planeten Urras und seinem anarchistischen Pendant Anarres . Zwei Jahrhunderte vor den geschilderten Ereignissen war eine Kolonie von zwei Millionen Menschen von Urras auf den kargen Mond Anarres ausgewandert, weil sie die ausbeuterischen und Menschen verachtenden Verhältnisse nicht mehr mittragen wollten. Sie organisierten unter schwersten Bedingungen eine gemeinschaftliche, anarchistische Gesellschaft, deren philosophische Grundlagen auf eine Gründungsfigur namens Odo zurückgehen. Man muss das Buch halb gelesen haben, um zu erfahren, dass Odo eine Frau war – ein schöner Kniff der Autorin, der zugleich beweist, dass es ihr tatsächlich (auch) um die weibliche Differenz geht. 200 Jahre lang beruhte die Koexistenz des kapitalistischen (unsympathischen, »männlichen«) Urras und des anarchistischen (sympathischen, »weiblichen«) Anarres auf völliger Separation. Ein junger Physiker von Anarres jedoch hat eine Erfindung gemacht, die bedeutsam für das ganze Universum sein könnte. Da er auf seinem kargen Heimatplaneten, wo alle mit Überleben beschäftigt sind, aber niemanden findet, um seine Thesen zu diskutieren, sucht er Kontakt zu Wissenschaftlern von Urras

Kontakte zum »Anderen« gefährden unweigerlich die eigene Stabilität

Ist es möglich, die Differenz zu leben? LeGuin zeigt zumindest, wie schwierig es ist. Der Physiker wird von den eigenen Leuten angefeindet, weil sie fürchten, dass er durch die Kontakte zum »Anderen« die Stabilität der eigenen Gesellschaft gefährdet. Die »Anderen« wiederum versuchen tatsächlich, ihn zu vereinnahmen, ihn auszunutzen und zu korrumpieren. Aber auch wenn diese Gefahr real ist: Die größere Gefahr, so die Botschaft von LeGuin, besteht darin, die eigenen Werte und Überzeugungen gerade in dem Versuch, sie um jeden Preis zu schützen, am Ende selbst zu zerstören.

Ein ähnliches Dilemma schildert Marge Piercy in ihrem Buch »Die Frau am Abgrund der Zeit«28, wo ebenfalls eine »gute« (friedliche, dezentrale, naturverbundene) Welt mit einer »schlechten« (patriarchalen, totalitären, zerstörerischen) Parallelwelt im Kampf liegt. Piercys »gute« Welt ist nach ganz ähnlichen Prinzipien organisiert wie LeGuins Anarres : Ohne zentrale Herrschaftsinstanzen, ohne Geschlechterhierarchien, mit höchstmöglicher individueller Freiheit, die eine Vielfalt von Lebensstilen und gemeinschaftlichen Organisationsformen hervorbringt. An den Rändern dieser Welt bricht nun aber teilweise die Parallelität zur »schlechten« Gegenwelt auf, es entstehen Überlappungen, sodass die beiden Realitäten sich zu vermischen drohen: Die Bewohnerinnen und Bewohner der »guten« Welt müssen zu den Waffen greifen. Sie stehen also vor einem ähnlichen Problem wie Anarres : Wie können wir angesichts der Bedrohung unsere Lebensart bewahren?

Marce Piercys Lösung hat einiges für sich: Ihre Heldin, Luciente , wagt sich zurück in die Vergangenheit, in die Zeit vor der Aufspaltung der zwei Antipoden, und findet dort eine Verbündete, Connie, eine junge Frau aus armseligen Verhältnissen, die man zudem in die Psychiatrie gesteckt hat, der es aber gelingt, in Kontakt mit der »Anderswelt« zu treten. Lucientes Idee ist: Statt die böse Welt zu bekämpfen (und dadurch am Ende selber böse zu werden) müssten wir unsere guten Ideale »drüben« verankern, sodass zunächst einige, später hoffentlich viele dort selbst mit uns an einem Strang ziehen.29Man muss die Beziehung zum »anderen« nicht nur akzeptieren, sondern sie sogar aktiv suchen, um am Leben, um lebendig zu bleiben. Ob das gelingt? Vielleicht, vielleicht auch nicht. »Leben mit dem Feind« ist keine todsichere Strategie, sondern eine Haltung, eine Weise, politisch zu handeln. Und, wie seit Hannah Arendt bekannt ist: Die Folgen politischen Handelns sind grundsätzlich offen, jedenfalls für die Handelnde selbst nicht verfügbar.30

Wurde in den 1970er Jahren der Umgang mit der Differenz als Kampf zwischen »gut« und »böse« verhandelt, sind solche Gewissheiten in postmodernen Zeiten fragwürdig geworden. Für die Verbannung der Moral aus dem Universum steht CaptainJean-Luc Picard in Star Trek – TNG . Während sein Vorgänger Captain Kirk noch in Wildwestmanier demokratische Werte ins Weltall trug, bringt Picard stoisch die »erste Direktive«, das oberste Gesetz der Sternenflotte, zur Anwendung, und das heißt: Nichteinmischung, solange es keine Verträge gibt, oder anders gesagt: Keine fremde Kultur darf gezwungen werden, sich an Regeln zu halten, denen sie nicht selbst zugestimmt hat. Was in philosophischer Theorie abstrakt-geschnörkelt daherkommt, wird in der Fernsehserie konkret: Wenn es die Sitte eines fremden Volkes ist, alle Sechzigjährigen den rituellen Selbstmord vollziehen zu lassen, dann ist das allein ihre Angelegenheit, und wenn auf fremden Planeten Bürgerkriege toben, mit denen sich die Bevölkerung selbst ausrottet, dann ist das eben so. So haben auch die weiblichen, emanzipierten Offiziere auf der Enterprise manch harten Brocken zu schlucken, wenn sie etwa das Selbstbestimmungsrecht der Ferengi achten müssen, eines schlitzohrigen Kapitalistenvolkes, dessen Frauen es verboten ist, Kleidung zu tragen und das Haus zu verlassen. Natürlich bleiben Handlungsoptionen: Wer solches Zuschauen mit dem eigenen Gewissen nicht vereinbaren kann, kann sich immer noch auf eigene Faust ins Getümmel stürzen. Die Insignien einer interplanetarischen Ordnungsmacht sind jedoch vorher abzulegen; wer Partei ergreifen will, muss aus der Sternenflotte austreten.

Picards Erbe: das Ende der Moral in postmodernen Zeiten

Es sind sicher nicht zufällig vor allem weibliche SF-Autorinnen, die diese Tatsache der unauflösbaren Differenz, die keinen moralischen Ordnungsfaktor zulässt, in ihren Romanen und Geschichten ausgearbeitet haben. Vor allem Alice Sheldon, deren Erfindungsreichtum im Hinblick auf Aliens schier unerschöpflich war.31Aber auch in jüngerer Zeit gibt es interessante Bücher zu diesem Aspekt: Mary Doria Russell zum Beispiel erzählt in »Sperling«32von einer Erdenexpedition zu dem Planeten Rakhat . Sämtliche Besatzungsmitglieder sind hervorragend ausgebildet im interkulturellen Dialog, wachsam und offen, bemüht, Missverständnisse zu vermeiden. Dennoch lösen sie in allerbester Absicht einen Krieg aus, der nicht nur fast die gesamte Erdendelegation, sondern bald auch einen Großteil der einheimischen Bevölkerung das Leben kostet und – im Fortsetzungsband »Gottes Kinder«33– beinahe zur Ausrottung einer ganzen Spezies führt.

Es wird immer klarer, dass es unmöglich ist, sich gegenseitig zu verstehen.34Und dennoch ist es möglich, miteinander eine Beziehung einzugehen. Dies schildert sehr eindrücklich Linda Nagate in ihrem Roman »Götterfunke«35: Hervorgebracht durch die Forschungen einer genialen Wissenschaftlerin entsteht auf der Erde eine neue intelligente Lebensform, die LOVs . Was wäre, wenn die LOVs auf der Erde die Herrschaft übernähmen? Die Wissenschaftlerin hält das für wahrscheinlich und ruft deshalb zu ihrer gnadenlosen Ausrottung auf. Eine kleine Gruppe von Rebellen und Rebellinnen hat jedoch entdeckt, dass man sich die kleinen Dinger implantieren kann: Sie verstärken Gefühle, machen Gedanken klarer, verändern das Lebensgefühl. Was wäre, wenn man vor den LOVs gar keine Angst zu haben braucht?36

Es gibt nicht mehr richtig und falsch, sondern nur die persönliche Entscheidung, so oder so zu handeln. Sophie Mendez zum Beispiel, eine der Hauptpersonen bei Russell’s Rakhat -Mission, löst mit ihrer Revolte gegen ungerechte Verhältnisse auf dem fremden Planeten die planetare Katastrophe aus. Trotzdem wird sie bis zum Ende überzeugt sein: Es war richtig, so zu handeln, und sie würde es wieder tun. Die Moral überlebt, allerdings nicht als übergeordnete Ordnungsnorm, sondern als Handlungsoption der Einzelnen.

Das Ende der Geschichte ist so banal wie wahr: Die Lösung für das Problem der Geschlechterdifferenz, für das Problem der Aliens, für die Begegnung mit dem oder der Fremden, besteht in der Erkenntnis, dass es keine Lösung geben kann. Weil das Problem nämlich kein Problem ist, sondern eine Frage der Perspektive. Frauen sind und bleiben Aliens, das ist wahr, und neu ist höchstens die Erkenntnis, dass das für alle anderen auch gilt, für Männer und Ferengis , LOVs und Raumschiffkapitäne, Anarchisten und Kapitalisten, je nachdem. Das Ende der Norm bedeutet gleichzeitig das Ende der Moral, das Weltbild der weißen Männer ist ebenso am Ende wie das der gegen das Patriarchat kämpfenden Frauenrechtlerinnen. Niemand hat Recht, denn wir alle sind Aliens – übrigens nicht nur für die jeweils anderen, sondern auch für uns selbst. Der Status des Aliens, den die Frauen auf der Erde inne haben, hat sich sozusagen als Normalzustand herausgestellt, denn wenn es keine Norm gibt, ist das Fremdsein das Normale. Und das, was sich für normal hält, bildet sich nur was ein.

Jetzt kommt es darauf an, diese Tatsache zu akzeptieren und kreativ mit ihr umzugehen, ja, sie sogar zu begrüßen: Denn dass Differenz und nicht Norm die Grundlage des Universums ist, ermöglicht gleichzeitig erst jede Beziehung, jede Verhandlung, jede Veränderung. Ohne Differenz nichts Neues. Immer mehr Menschen verstehen, dass es in den Verhandlungen mit den Aliens keine »höhere Instanz« gibt, auf die man sich berufen kann. Sicher, der Kontakt mit dem »Anderen« birgt eine reale Gefahr, weil dabei die gewohnten Selbstverständlichkeiten und vielleicht auch Errungenschaften der eigenen Kultur auf dem Spiel stehen. Trotzdem ist dieser Kontakt unausweichlich: Nicht nur, weil die Aliens längst »unter uns« sind (so wie auf der Erde immer mehr Frauen sich in das Paralleluniversum der Männer hinein begeben). Sondern vor allem, weil ohne den Kontakt mit dem Anderen das eigene Leben banal und steril und langweilig wird.

Echte Differenz ist auch Konflikt – und nicht die bunte Vielfalt von Merci

Die Frage ist nur: Wie erkenne ich die Aliens und wie nehme ich mit ihnen Kontakt auf? Denn dass sie nicht unbedingt grün sind, große Köpfe mit Mandelaugen und spindeldürre Beinchen haben, ist ja klar. Das beweisen nämlich all die schlechten Science Fictions: Krieg der Sterne zum Beispiel, jene inzwischen fünf Kinofilme, in denen es doch nur um ganz banale irdische Probleme geht: Gut gegen Böse, garniert mit ein bisschen Esoterik und klischeehaften Hetero-Romanzen. Auch in vielen Folgen von Deep Space Nine wimmelt es zwar von exotischen Spezies, von Wesen mit merkwürdigen Hautfarben, monströsen Gesichtern, sieben Fingern an jeder Hand und anderen Abnormitäten. Doch leider benehmen sie sich meistens nicht anders als Lieschen Müller und Otto Meyer.

Echte Differenz ist etwas anderes als die bunte Vielfalt von Merci. Aliens erkennt man nicht an der Hautfarbe und auch nicht am Geschlecht, sondern daran, ob sie wirklich etwas Neues bringen. Das ist auch der Grund, warum so viele Völker die Aliens zunächst für Götter halten. Wie zum Beispiel die Waldwesen auf dem von der Erde zwangskolonisierten Planeten New Tahiti aus einem weiteren Roman von Ursula K. LeGuin. Das Neue war in diesem Fall, dass die Waldwesen von den Menschen (für sie: die Aliens oder die Götter) gelernt haben, zu töten. Und nur so ist es ihnen gelungen, die irdischen Alien-Invasoren wieder zu vertreiben. Eines der Waldwesen erklärt das am Ende so: »Manchmal kommt ein Gott. Er bringt eine neue Art, etwas zu tun, oder etwas Neues, das zu tun ist. Eine neue Art zu singen oder eine neue Art von Tod. Er bringt es über die Brücke zwischen der Traumzeit und der Weltzeit. Wenn er dies getan hat, ist es getan. Man kann Dinge, die in der Welt existieren, nicht nehmen und versuchen, sie in den Traum zurückzudrängen, sie innerhalb des Traums mit Mauern und Heuchelei festzuhalten. Das ist Wahnsinn. Was ist, ist . Es hat nun keinen Sinn mehr, so zu tun, als wüssten wir nicht, wie wir einander töten können.«37

Kontakt mit den Aliens, der Umgang mit der Differenz also, ist immer gefährlich. Denn er stellt die eigene Identität in Frage. Man geht niemals unversehrt daraus hervor, sondern als Hybrid, als Infizierte, als Cyborg, als Mutantin. That’s life. Hat der erste Kontakt erst einmal stattgefunden, ist er nicht wieder rückgängig zu machen. Was wäre wenn? Diese Frage kann man natürlich verdrängen und blind in sein Schicksal laufen. Aber wir können sie uns auch ganz bewusst stellen: offen und neugierig und risikobereit. Wenn wir das tun, werden wir nicht länger einer falschen und illusorischen Norm des Wahren Schönen Guten hinterher laufen müssen, sondern können endlich Kontakt aufnehmen. Auch (und vor allem) mit den Aliens in uns selber.

in: Initial, 1/2005

  • – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

  1. Vgl. Ralph Sander: Das Star Trek Universum, Heyne, München 1989, S. 13ff. Die Entscheidung der Fernsehmacher, den weiblichen ersten Offizier zu streichen, hatte aber, wie sich Gene Roddenberry erinnert, auch mit der negativen Reaktion des weiblichen Publikums auf diese Figur zu tun, die – mit Hosen und Befehlsjargon ausgestattet – ganz »unweiblich« konzipiert war. (Interview »Zehn Jahre Star-Trek«, im Zusatzmaterial der DVD-Ausgabe der 1. Staffel der Classical Series.) Bekanntlich wurde dem Rechnung getragen, indem in der später ausgestrahlten Serie die Frauen absurd kurze Kleidchen trugen und streckenweise extrem klischeehaft dargestellt wurden. 

  2. James Tiptree Jr.: »Eure Gesichter, meine Schwestern! Eure strahlenden Gesichter«, in: dies.: Aus dem Überall und andere seltsame Visionen, Heyne, München 1989, S. 49-73. 

  3. Vgl. Elisabeth Gössmann: Die Päpstin Johanna, Iudicium-Verlag, München 1994. 

  4. Als Elfriede Jelinek im Oktober 2004 den Literaturnobelpreis bekam, sagte sie, dass sie ihn natürlich auch »als Frau« bekommen habe (obwohl alle vehement das Gegenteil beteuerten). Jelinek hat natürlich Recht. »Es« spielt immer eine Rolle, jedenfalls solange Frausein (anders als das Mannsein) nicht gleichbedeutend ist mit Menschsein. 

  5. Dies ist übrigens schon im biblischen Schöpfungsmythos formuliert: Am Anfang ist Adam, das Menschenwesen, geschlechtslos. Es gibt keine Differenz. Erst mit der Schaffung einer Frau (hebr: ischa ) wird Adam zum Mann ( isch ). Die Geschichte mit der Rippe erzählt also nicht so sehr die Schöpfung der Frau, sondern die der sexuellen Differenz. Vgl. »Adam und Eva: Auf ein Neues. Eveline Goodman-Thau über die Schöpfungsgeschichte und den Dialog der Geschlechter«, in: Publik Forum, Juni 2004, S. 62-64. 

  6. Luisa Muraro: »Donne dell’altro mondo«, in: Via Dogana, Nr. 50/51, September 2000, S. 3-4. 

  7. Vgl. auch: Antje Schrupp: Zukunft der Frauenbewegung, Christel-Göttert-Verlag, Rüsselsheim 2004. 

  8. Zum Beispiel: Star Trek – Voyager , Staffel 1, Folge 7, »Die Augen des Toten«. 

  9. Joanna Russ: »Das Frauenbild in der Science Fiction«, in: Barbara Holland-Cunz (Hg.): Feministische Utopien – Aufbruch in die postpatriarchale Gesellschaft, Corian-Verlag, Meitingen 1986, S. 16. 

  10. Die Definition von Science Fiction als » was wäre, wenn Literatur« stammt ebenfalls von Joanna Russ, in: ebenda, S.13. 

  11. Ursula K. LeGuin: »Brauchen wir das Geschlecht?«, in: ebenda, S. 169. 

  12. Auf ihrer Internetseite www.feministische-sf.de hat Petra Mayerhofer Biografien und Bibliografien zahlreicher SF-Autorinnen bereitgestellt. Außerdem bietet sie Nachrichten und Links sowie Aufsätze zum Thema. 

  13. Gert Brantenberg: Die Töchter Egalias, Olle und Wolter, Berlin 1979 (Original: 1977). 

  14. Diese Gleichsetzung von Androgynität und Geschlechtslosigkeit hat zuweilen irritiert, da eingewendet wurde, der Begriff Androgynität bedeute doch die Anwesenheit sowohl »weiblicher« als auch »männlicher« Merkmale. Mein Verständnis der Geschlechterdifferenz, bei dem ich mich auf den italienischen Differenzfeminismus des Mailänder Frauenbuchladens und der Philosophinnengemeinschaft Diotima in Verona beziehe, ist jedoch folgendes: Bei der Geschlechterdifferenz handelt es sich um eine Tatsache, die sich aus dem Umstand ergibt, dass Frauen als Menschen des gleichen Geschlechtes wie ihre Mutter geboren werden, Männer hingegen als Menschen eines anderen Geschlechts als ihre Mutter. Darüber hinaus gibt es keine biologische oder ontologische Festschreibung dessen, was »weiblich« und was »männlich« ist. Ihren Inhalt bekommen diese Begriffe erst durch das jeweilige Handeln von Frauen und Männern in einer bestimmten Kultur und Zeit (was kulturelle Normen, Rollenvorstellungen und -zuweisungen einschließt). Daher ist es sinnlos, von »weiblichen« und »männlichen« Eigenschaften zu sprechen, ohne sich dabei auf das Frausein oder Mannsein einer bestimmten Person zu beziehen. Eine Frau, die Hosenanzüge trägt, obwohl alle anderen Frauen Röcke tragen, ist nicht männlich, sondern erfindet eine neue Art des Frauseins. Sie macht faktisch Hosenanzüge zu einem weiblichen Kleidungsstück. Androgyne Wesen sind daher nicht sowohl weiblich als auch männlich, sondern geschlechtslos: Sie lassen uns nämlich im Unklaren darüber, ob sie vom gleichen Geschlecht sind wie ihre Mutter, oder von einem anderen (das heißt: Wir wissen nicht, ob ihr Hosenanzug ein weiblicher oder ein männlicher ist). Vgl. zum Denken der Geschlechterdifferenz u.a. Diotima: Die Welt zur Welt bringen, Ulrike-Helmer-Verlag, Königstein 1999; dies.: Jenseits der Gleichheit, Ulrike-Helmer-Verlag, Königstein 1999; Luisa Muraro: Die symbolische Ordnung der Mutter, Campus, Frankfurt 1993; dies.: Die Menge im Herzen, Christel-Göttert-Verlag, Rüsselsheim 2001; Chiara Zamboni: Unverbrauchte Worte, Christel-Göttert-Verlag, Rüsselsheim 2005; Adriana Cavarero: Platons Töchter, Rotbuch, Hamburg 1997. Für den deutschsprachigen Kontext u.a. Veröffentlichungen von Andrea Günter, Dorothee Markert und Ina Praetorius. 

  15. Ursula K. LeGuin: Winterplanet, Heyne, München 1974 (Original: 1969). 

  16. Dass es entsprechend ein Anliegen des Feminismus sein muss, nicht die Gleichheit der Geschlechter anzustreben, sondern an der weiblichen Differenz zu arbeiten, beschrieben die Mailänderinnen in ihrer Flugschrift »Mehr Frau als Mann«, auf deutsch erschienen in: Gisela Jürgens und Angelika Dickmann: frauen – lehren, Christel-Göttert-Verlag, Rüsselsheim 1996, S. 45-66. 

  17. Françoise d’Eaubonne: Das Geheimnis des Mandelplaneten, rororo-TB, Frankfurt 1978 (Original: 1975). 

  18. Joanna Russ: Planet der Frauen, Knaur-TB, 1979 (Original 1975). 

  19. Sally Miller Gearhart: Das Wanderland, Frauenoffensive, München 1982 (Original 1979). 

  20. Star Trek – TNG , Staffel 5, Folge 17, »Verbotene Liebe«. 

  21. »Sie sind geschlechtslos« erklärt das Wesen Q der Besatzung der Enterprise , als diese zum ersten Mal einige Borg sieht, obwohl deren Körper eindeutig männlich sind ( Star Trek-TNG , Staffel 2, Folge 16, »Zeitsprung mit Q«). Wie schwierig es ist, die Eingeschlechtlichkeit der Borg durchzuhalten, zeigt sich in dem Kinofilm »Der erste Kontakt«, in dem der Kampf gegen die Borg im Mittelpunkt der Handlung steht. Die Drehbuchautoren erfanden hier eine Art verführerische Borg -Königin, was eigentlich unlogisch ist. Darin mag man (so zum Beispiel Andrea zur Nieden in ihrem Buch »GeBorgte Identität«, Ca ira, Freiburg 2003) einen Rückfall in heterosexistische Klischees sehen. Das Problem liegt jedoch tiefer: Ein Film erzählt eine Geschichte. Und Geschichten, die für menschliche Zuschauerinnen und Zuschauer interessant sein sollen, müssen von Beziehungen handeln. Beziehungen zwischen Menschen und geschlechts- und eigenschaftslosen Wesen ohne Individualität sind jedoch nicht möglich. Daher die »Notlösung« mit der Borg -Königin. Es ist freilich interessant, dass die in größeren Gruppen auftretenden Borg meistens männlich sind, diejenigen, die für individuelle Kommunikation ausgewählt werden, dagegen weiblich (so auch 7of 9 in der Serie Voyager ). Darin mag man klischeehaftes Denken der Serienmacher vermuten. Vielleicht ist es aber auch Absicht und Kalkül der Borg , die ja die menschliche Kultur kennen und wissen, dass man dort Männer für gefährlicher und aggressiver, Frauen für kommunikativer hält. 

  22. Vgl. dazu Polymorph (Hg.): (K)ein Geschlecht oder viele? Transgender in politischer Perspektive, Berlin 2002. 

  23. Charlotte Perkins Gilman: Herland, rororo TB, Hamburg 1980 (Original: 1918). 

  24. Gisbert Haefs: Barrakuda I – Pasdan, Haffmans, Zürich 1992 (Original: 1986). 

  25. »Kampf um die Sonne«. 

  26. Auch dies ergibt sich aus dem Ansatz des italienischen Differenzfeminismus, vgl. insbesondere Libreria delle donne di Milano: Wie weibliche Freiheit entsteht, Orlanda, Berlin 1998 sowie Ulrike Wagener u.a.: Liebe zur Freiheit, Hunger nach Sinn, Christel-Göttert-Verlag, Rüsselsheim 1999. 

  27. Ursula K. LeGuin: Planet der Habenichtse, Argument Verlag, Hamburg 1999 (Original: 1974). 

  28. Marge Piercy: Die Frau am Abgrund der Zeit, Heyne-Taschenbuch, München 1986 (Original: 1976). 

  29. Mit dieser These waren einige Teilnehmerinnen meines Workshops bei OOTW 4 nicht einverstanden. Sie gaben zu bedenken, dass Luciente nicht wirklich an Connie interessiert sei. Und dass sie auch nicht wirklich nach »drüben« gegangen ist, sondern »zurück«. Das ist im Hinblick auf den Roman wohl auch richtig. Vielleicht interpretiere ich tatsächlich mein Anliegen in die Geschichte hinein, wenn ich den Aspekt des »zu den anderen Gehens« so stark betone. Er ist mir auf jeden Fall sehr wichtig, unabhängig davon, ob sich das nun an Piercys Roman belegen lässt oder nicht. In seiner politischen Bedeutung genauer ausgeführt habe ich das Thema in einem Aufsatz, der demnächst veröffentlicht wird (und nichts mit SF zu tun hat, sondern mit feministischem Sozialismus im 19. Jahrhundert), und zwar: Antje Schrupp: »Politik verkörpern statt Stellung beziehen«, in: Evangelische Theologie, Nr. 4/2005. 

  30. Vgl. Hannah Arendt: Vita activa oder Vom tätigen Leben, Piper, München und Zürich 1998 (Original: 1971). 

  31. Jede ihrer Geschichten gäbe genügend Stoff für eine ganze Fernsehserie her, vgl. insbesondere die Sammelbände »Aus dem Überall« (FN 2) und »10.000 Lichtjahre von zuhaus« (Heyne, München 1975). 

  32. Mary Doria Russell: Sperling, Heyne, München 2000 (Original: 1996). 

  33. Dies.: Gottes Kinder, Heyne, München 2000 (Original: 1998). 

  34. Der afro-amerikanische Religionsphilosoph Charles Long hat dieses Phänomen unter dem Begriff »Opazität« diskutiert: Das Ausgehen von der grundsätzlichen »Undurchsichtigkeit« des Anderen als erkenntnisleitendes Prinzip gegenüber der »Aufklärung«, die alles durchleuchten und durchdringen zu können glaubt. Vgl. dazu auch Manuela Kalsky: Christaphanien, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2001. 

  35. Linda Nagata: Götterfunke, Bastei Lübbe 2003 (Original: 2001). 

  36. Pessimistischer im Bezug auf die Möglichkeit einer Beziehung zwischen Menschen und »dem Anderen« ist Marge Piercy in ihrem Buch »Er, Sie und Es«. Die Geschichte handelt von dem Roboter Jod, der zwar mit Beziehungs- und Lernfähigkeit ausgestattet wurde, aber auf Kampf programmiert ist, um eine freie Stadt gegen die Angriffe der Multis zu verteidigen, die auf der Erde die Herrschaft übernommen haben. Zwar gelingt es Jod, Beziehungen zu Menschen, genauer: zu Frauen aufzubauen. Am Ende aber verzichtet er auf seine eigenen Wünsche, zieht programmgemäß in den Kampf und wird getötet, nicht ohne vorher seine Konstruktionspläne zu vernichten und seinen Schöpfer zu ermorden, damit nicht ein neuer Roboter seiner Art gebaut wird. Auch seine Liebespartnerin Shira schließt sich Jods Skepsis an: Obwohl sie die Möglichkeit hätte, einen neuen Jod zu bauen, entscheidet sie sich dagegen. Mir ist nicht wirklich plausibel geworden, warum. Vgl. Marge Piercy: Er, Sie und Es, Argument, Hamburg 2002 (Original: 1991). 

  37. Ursula K. LeGuin: Das Wort für Welt ist Wald, Argument-Verlag, Hamburg 1997 (Original: 1972), S. 143.