Als Fini Pfannes auf der Zeil kochte
Mutti mit Schürze in der Küche beim Marmeladekochen – das Klischee der adretten 50er-Jahre-Hausfrau scheint der Inbegriff von Rückständigkeit zu sein. Es fragt sich nur, ob die Hausfrauen tatsächlich immer so bieder waren, wie es die Maggiwerbung inszenierte. Eine zumindest war es nicht: die Frankfurter Profi-Hausfrau Fini Pfannes (1894–1967).
Manche älteren Frankfurterinnen können sich noch an sie erinnern: an diese füllige Dame mit den extravaganten Hüten, die in den fünfziger und sechziger Jahren von Frankfurt aus Lobbyarbeit für Hausfrauen machte. Die mit ihren Radiosendungen im Hessischen Rundfunk Kochrezepte und Küchentipps unters Volk brachte, die 1949 den deutschen Hausfrauenbund gründete und 1955 den ersten Tarifvertrag für Hausangestellte durchsetzte. Fini Pfannes war nicht nur Stadtgespräch am Main, sie war eine wichtige politische Persönlichkeit im Nachkriegsdeutschland. In der Eppsteiner Straße gründete sie 1954 das »Haus der Hausfrau«, wo Kochkurse mit neuster Haushaltstechnik, Informationsveranstaltungen und Beratung für Hausfrauen angeboten wurden. Auch in ihrem Privathaus in der Klaus-Groth-Straße richtete sie eine »Versuchsküche« ein, führte bis zu ihrem Tod ein Archiv zu Haushaltsthemen, gab Zeitschriften und Kochbücher heraus.
Dennoch drohte Pfannes in Vergessenheit zu geraten. Hausarbeit war eben kein Gegenstand der »großen« Politik, und auch für die Frauenbewegung war das Thema tabu, weil Hausarbeit als tendenziell gefährlich für die weibliche Emanzipation galt. Es war in der Tat auch der Umweg über die Kunst, der nun die Evangelische Stadtakademie veranlasste, Fini Pfannes einen Abend zu widmen. »Hausfrauenhimmel« heißt eine Ausstellung, die derzeit im Dominikanerkloster am Börneplatz gezeigt wird, und die das miefige Hausfrauenbild der Fünfziger ironisch und komisch in Erinnerung ruft. Wo Marmeladekochen zur Kunstform erhoben wird, da kann auch eine wie Pfannes, die sich jeder ideologischen und parteipolitischen Vereinnahmung sperrt, wieder in den Blick kommen.
Josefine Pfannes stammte aus einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Rumänien. Zusammen mit ihrem Mann zog sie 1920 nach Frankfurt und gründete eine Werbeagentur, 1926 wurde sie Werbeleiterin der Frankfurter Main-Gaswerke. Mit Aufsehen erregenden »Showküchen«, auf der Zeil warb Pfannes nicht nur für Gasherde (und steigerte so den Gas-Umsatz), sondern auch für eine Modernisierung der Haushaltstechnik. Im Nationalsozialismus wurde sie arbeitslos, doch weil sie bei der Einreise ihre jüdische Abstammung verschleiert hatte, überlebte sie mit viel Glück und in völliger Zurückgezogenheit den Holocaust.
Schon in den ersten Kriegsjahren meldete sich Pfannes umgehend auf der politischen Bühne zurück. Sie organisierte verschiedene Frauenverbände, die als Alternative und Ergänzung der »männlich orientierten« Parteien dem Bereich der Hausarbeit und den Anliegen von Hausfrauen politisches Gehör verschaffen sollten. Denn waren es nicht die Hausfrauen, die in diesen Jahren das Überleben vieler Familien sicherten und die Wirtschaft am Laufen hielten? Pfannes lag vor allem an praktischen Dingen, an Aufklärung: Wie kocht man billig und doch gesund? Wie organisiert man einen Haushalt effektiv? Und was müssen Politik und Wirtschaft dafür tun? Dass sie dabei so gar nicht dem Klischee des biederen Hausmütterchen entsprach (und das auch nicht propagierte), machte Pfannes zu einer umstrittenen Person. Kritik brachte ihr auch ein, dass sie Verbandspolitik und privates Unternehmertum nicht immer fein säuberlich trennte. Doch viele ihrer Ideen sind nach wie vor aktuell: Denn von wem, wie und unter welchen Bedingungen die lebensnotwendige Arbeit im Haushalt gemacht wird – diese Frage ist ja bis heute nicht zufrieden stellend gelöst.
Zum Weiterlesen: Elke Schüller und Kerstin Wolff: Fini Pfannes, Protagonistin und Paradiesvogel der Nachkriegsfrauenbewegung, Ulrike-Helmer-Verlag, Königstein 2000.
erschienen in »Evangelisches Frankfurt« Nr. 6/2003