Von Frauen für alle
Warum es Zeitschriften von Frauen braucht
»Von Frauen für Frauen« – unter diesem Motto stand eine ganze Welle von Zeitschriften-Gründungen seit den 1970er Jahren. Das Motto machte auf einen zweifachen Misstand aufmerksam: Die Medien waren damals, wie so viele gesellschaftliche Institutionen, eine Männerdomäne, in denen nur wenige Frauen als Autorinnen vorkamen. Und sie orientierten sich, auch wenn sie über Dinge von allgemeinem Interesse berichteten, an den Bedürfnissen einer männlichen Leserschaft.
Die Medienlandschaft hat sich inzwischen, der Frauenbewegung sei Dank, stark verändert. Viele Redakteurinnen und Journalistinnen bestimmen dort die Themen aktiv mit. Auch wenn es sicher noch vieles zu bemängeln gibt, so ist doch die Frage durchaus berechtigt, wozu es dann noch Frauenzeitungen wie die »eFa« braucht. Kommen die Frauen und ihre Themen nicht längst in den »allgemeinen« Publikationen vor?
Sicher, sie kommen. Allerdings auf eine gewissermaßen »gleichgestellte« Art und Weise. Im Großen und Ganzen scheint es keine Rolle zu spielen, ob ein Artikel von einer Frau oder einem Mann geschrieben wurde, ob der »Leser« ein Leser ist oder eine Leserin.
Dies ist ein Vorteil und ein Nachteil gleichzeitig. Ein Vorteil ist es, weil einzelne Frauen allein wegen ihres Frauseins nicht mehr diskriminiert werden. Ein Nachteil ist es aber, weil die Geschlechterdifferenz als produktive, gesellschaftsverändernde Kraft damit unsichtbar wird. Wenn überhaupt, dann ist sie ein »Thema«, das »behandelt wird«, und das mündet allzu oft ins Klischee, nach dem Motto: Die Wissenschaft hat festgestellt, dass Frauen nicht einparken und Männer nicht zuhören können.
Frauenzeitungen, die von weiblicher Autorität getragen sind, bieten eine andere Chance: Die Chance nämlich, die Ideen und Themen von Frauen differenziert und kontrovers zu formulieren. Frauenzeitungen müssen das Frausein nicht krampfhaft überzeichnen, ja, sie müssen es überhaupt nicht »behandeln«, weil es ja ganz selbstverständlich den Hintergrund der Zeitung bildet.
Frauen haben Wichtiges zu sagen, ihr Blick auf die Welt ist nicht »neutral«, aber auch nicht »parteiisch«, sondern so vielfältig und originell wie das Denken von Frauen insgesamt. Und ist es anders als das der Männer?
Dies könnten eigentlich die Männer am besten beurteilen. Leider gehören sie nur selten zur Leserinnenschaft von Frauenzeitungen. Wahrscheinlich, weil auch sie das Motto »Von Frauen für Frauen« verinnerlicht haben. Ein Motto, das im Rückblick unglücklich gewählt war. Denn dass die Anliegen und Ideen von Frauen als nur von partikularem Interesse gelten, als »Frauenangelegenheiten«, ist genau betrachtet der Kern des ganzen Dilemmas: Die Männer stehen für das Allgemeine, die Frauen nur für sich selbst. Und das darf nicht so bleiben.
Die Emanzipation hat für die Frauen die Möglichkeit gebracht, individuell auf die Seite des Allgemeinen »überzuwechseln«, sich in die ehemals den Männern vorbehaltene Welt zu integrieren, was auch kein großes Problem war, weil diese Männerwelt sich ja schon immer als »allgemein« empfunden hat. Die viel größere Herausforderung ist es nun, zu sehen und zu verkünden, dass auch das, was »nur« die Frauen betrifft, das Allgemeine ist. Dass die Ideen der Frauen also Ideen für alle sind, für die ganze Welt.
In: eFa. Zeitschrift der evangelischen Frauenarbeit, Nr. 3/4, März/April 2009