Agnes Neumayr (Hg): Kritik der Gefühle. Feministische Positionen, Milena Verlag, Wien 2007, 24,90 EUR
Spätestens seit Max Weber gilt die Ent-Emotionalisierung der Politik als Credo und Imperativ: Politik sei nur mit dem Kopf zu machen, heißt es – und lange diente diese Engführung bekanntlich als Grund dafür, die gefühlsmäßig eher als unberechenbar geltenden Frauen aus diesem Geschäft auszuschließen.
Dieser Sammelband hingegen plädiert mit seinen verschiedenen Beiträgen für eine »emotionale Vernunft«, wobei die Autorinnen und Autoren inzwischen schon auf eine gewisse Tradition in der (feministischen) Politikwissenschaft zurückgreifen können. Wissenschaftstheoretikerinnen wie Agnes Heller, Martha Nussbaum oder Eveline Fox Keller haben schon längst gezeigt, dass die strikte Trennung von Vernunft und Gefühl nicht ausreicht.
Dieses Buch zeigt nun, dass es höchste Zeit ist, das Thema auch in die theoretischen Überlegungen einzubeziehen und nicht länger zu psychologisieren oder gar auf »die Frauen« zu projizieren. Gefühle entstehen aus dem Bereich der Politik und wirken in diesen zurück. Auch die »rationale« Wissenschaft ist höchst emotional (etwa in dem Wunsch, die Natur zu »beherrschen«). Eine der Autorinnen, Carola Meier-Seetaler, fordert daher eine Neudefinition von Rationalität und Irrationalität: »Die Grenze zwischen beidem verläuft nicht … zwischen Verstand und Gefühl, sondern zwischen bewusstem Denken, Fühlen und Handeln auf der einen Seite, und unreflektiert übernommenen Meinungen, unbewussten Motiven und unreflektierten Handlungen auf der anderen Seite« (Seite 37).
Das Themenspektrum dabei ist recht breit, es reicht von Überlegungen zur »Echtheit« von Gefühlen über theologische und staatspolitische Fokussierungen bis hin zu Emotionen als Managementthema sowie historischen Zugängen wie den Rollen, die Gefühle etwa bei Jane Austen oder im 15. Jahrhundert spielten.