Antje Schrupp im Netz

Georg Magirius: Vom Reichtum des einfachen Lebens. Auf den Spuren Jesu Alternativen entdecken. Grünewald, 2006.

Jenseits des Konsums

Georg Magirius erzählt Geschichten vom Reichtum

Bild Die fußballbedingte Euphorie der vergangenen Wochen kann nicht darüber hinweg täuschen, dass in Deutschland nicht alles rosig läuft. Zum »Sanierungsfall« erklärte Kanzlerin Merkel das Land, das Geld scheint an allen Ecken und Enden zu fehlen. Immer deutlicher spaltet sich die Gesellschaft in diejenigen, die noch Arbeit und Wohlstand haben und die anderen, die sich zwischen Arbeitslosigkeit, Kurzzeitjob und Freiberuflichkeit durchs Leben schlagen.

Was soll man ihnen raten? Georg Magirius begibt sich in seinem neuen Buch auf die Suche nach einem Reichtum, der weniger aus einem gut gepolsterten Konto herrührt als davon, einen Sinn im eigenen Leben zu finden. Mit poetischer und nachdenklicher Sprache entlarvt er viele vermeintliche Selbstverständlichkeiten des heutigen Business- und Konkurrenzdenkens als Unsinn: Dass zum Beispiel nur was wird, wer einen guten Start hinlegt. Oder dass man immer mitten drin sein muss, um etwas zu erleben. Dass Freundschaften pflegen heutzutage »Networking« sein soll, bei dem immer im Blick ist, was man selbst davon hat. Oder dass eine straffere Selbstorganisation à la »Simplify your life« das Leben irgendwie besser machen würde.

Dieser Ausbruch aus medial verbreiteten Denkmustern ist äußerst wohltuend. Magirius geht streng von eigenen Erlebnissen und selbst Erlebtem aus und lässt sich dabei von den biblischen Geschichten über Jesus inspirieren. Weil er genauer Beobachter und selbst Denkender ist, statt Zeitgeistiges einfach nachzuplappern, gelingt es ihm, dabei wirklich neue Denkanstöße zu geben: Zum Beispiel erklärt er, warum es gut sein kann, auch nur ein Stockwerk mit dem Aufzug zu fahren, statt die Treppe zu laufen. Einfaches Leben bedeutet für Magirius nicht Askese oder Verzicht. Die Probleme, die es ja in der Tat macht, wenn man keinen sicheren Job und regelmäßiges Einkommen hat, werden nicht klein geredet. Aber es ist befreiend zu erkennen, dass sich niemand (übrigens auch die Reichen nicht) mit dem zufrieden geben muss, was uns heute so alles zum Konsum vorgesetzt wird. Magirius stellt die Möglichkeit eines wirklichen Reichtums in Aussicht, den Luxus eines sinnerfüllten und genussreichen Lebens, der heute fast schon unerschwinglich erscheint, weil niemand damit Geld verdienen kann.


In: Evangelisches Frankfurt, Nr. 4/2006