Reinhard Kapfer: Die Frauen von Maroua, Pater Hammer. 188 Seien. 19,90 EUR
Sex und Konsum in Nordkamerun
Wenn die Frauen von Maroua, einer Provinzhauptstadt im äußersten Norden Kameruns, sich einem Mann »schenken«, dann erwarten sie dafür eine Gegenleistung: nämlich dass er nun auch ihre »Bedürfnisse« befriedigt, sie mit Stoffen, Haushaltsgeräten, Seife und neuerdings auch Mobiltelefonen versorgt. Die Beziehungen der Geschlechter in Kamerun, aber auch in anderen Regionen Westafrikas, sind von einer für europäische Vorstellungen merkwürdigen Mischung aus Materialismus und Emotionalität geprägt. Unverheiratete Frauen, die Beziehungen zu Männern pflegen, werden daher üblicherweise als »Prostituierte« angesehen. Reinhard Kapfer hingegen versucht, die komplizierten Beziehungs- und Wirtschaftsstrukturen dieser seit dem 18. Jahrhundert islamisierten Kultur unvoreingenommen zu schildern. Einfühlsam befragte der Ethnologe Frauen und ebenso Männer (weshalb der Buchtitel nicht ganz nachvollziehbar ist) über ihr Verständnis von Liebe, Sexualität und Wirtschaft. Ein faszinierend differenziertes und äußerst komplexes Sozialgefüge wird so sichtbar, dessen Licht- und Schattenseiten ebenso nah beisammen liegen, wie die der rigiden europäischen Aufspaltung in »selbstlose Liebe« und »puren Materialismus«.
in: Publik Forum, 28.4.2006