Antje Schrupp im Netz

Das Comeback der Hausfrauen

Neue Bücher über einen alten Beruf

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Marianne Siegenthaler:

Hausfrau. Der beste Job

der Welt, Zytglogge 2006,

19,50 €

Catharina Aanderud: »Schatz, wie war dein Tag auf dem Sofa?«,

Kösel 2006, 14,95 €

Maria S. Rerrich:

Die ganze Welt zu Hause.

Cosmobile Putzfrauen in

privaten Haushalten,

Hamb. Edition 2006, 25 €

Hausfrauen machen einen wichtigen Job. Sie halten, könnte man auch sagen, die Zivilisation am Laufen. Sie sorgen dafür, dass alle was Leckeres und Gesundes zu Essen bekommen. Sie sorgen dafür, dass wir was zum Anziehen haben. Dass Kinder in einer sicheren Umgebung aufwachsen können und Anregungen für ihre Entwicklung bekommen und ihre Schulaufgaben machen. Sie kümmern sich um Leute, die krank sind oder Sorgen haben. Sie passen auf, dass niemandes Geburtstag vergessen wird (auch nicht der des griesgrämigen Onkels). Sie nehmen das Päckchen für die berufstätige Nachbarin entgegen. Sie machen die Wohnung sauber und putzen den Dreck weg, sogar den ekligen auf dem Klo. Sie kümmern sich drum, dass die Bilder an der Wand grade hängen und die Blumen auf der Anrichte frisch sind. Sie schmeißen unsere Parties, schreiben zu Weihnachten Karten an alte Freunde, richten den Gästen ein Bett her. Anders gesagt: Sie organisieren unser Leben und machen es schön, sie sind schlicht und ergreifend unverzichtbar. Wir alle sind übrigens Hausfrauen.

Und weil Hausfrauen so wichtig sind, werden jetzt wieder Bücher über sie geschrieben. Doch im Eifer des Gefechts schaden manche dieser Publikationen ihrer Sache mehr, als sie ihr nützen. Dazu gehört zum Beispiel Marianne Siegenthalers Lob auf das Hausfrauendasein. In »Hausfrau. Der beste Job der Welt« reiht sie ein Klischee über den tollen, selbstbestimmten, vergnüglichen und wichtigen Job Hausfrau an das andere und betreibt letzten Endes Seelenmassage für jene Hausfrauen, die – aus welchen Gründen auch immer – die Sorge um das Haus zu ihrem einigen Lebensinhalt gemacht haben, während der Gatte das Geld heranschafft. Das kommt als neu daher, ist aber natürlich gar nichts Neues. Schon Martin Luther hat das Lob auf die »Perle« im Haushalt gesungen. Ebenso wie bei ihm, blieben Probleme bei dieser rosaplüschigen Sichtweise außen vor. Geld? Da stehen wir doch drüber. Gesellschaftliche Wertschätzung? Uns genügt doch das Kinderlachen. So in dieser Art.

Durchaus ernsthafter sind da die Reflektionen, die Catharina Aanderud in »Schatz, wie war dein Tag auf dem Sofa?« anstellt. Ausgehend von ihren eigenen Erfahrungen als Hausfrau und angereichert von zahlreichen Interviews und Gesprächen mit anderen »Berufsgenossinnen« reflektiert sie das Für (und ein bisschen auch das Wider) im Dasein der »unterschätzen Familien-Managerinnen«. Aber schon dieser abgegriffene Vergleich zeigt die Richtung an: Es wird lang und breit wiedergeben, was die Interviewten so zu dem Thema sagen, angereichert ist das ganze mit langen Zitaten angeblicher Experten und Expertinnen. Überhaupt nicht bezieht sich Aanderud hingegen auf die Frauenbewegung, in der das Thema (ebenso wie der Hausfrauenlohn) ja schließlich schon seit dreißig Jahren lang und breit und kontroverst diskutiert wird. Aber heutzutage muss offenbar aus Marketinggründen jede Autorin so tun, als habe sie alle ihre Ideen soeben erst selbst bekommen. Unterm Strich ist ein zeitgeistiges Buch, das letzten Endes auch nur Werbung in Sachen Hausfrauentum betreibt, wenn auch auf einem deutlich höheren Niveau als Siegenthaler. Das stärkt zwar das Selbstbewusstsein derer, die diese Arbeit machen und ruft ins Bewusstsein, dass hier ein wertvoller Beitrag zum allgemeinen Wohlstand unserer Gesellschaft geleistet wird. Aber es bleibt doch irgendwie ein komischer Beigeschmack.

Natürlich ist es eine mögliche und ganz und gar respektable Entscheidung, wenn Frauen für eine gewisse Zeit den Haushalt zu ihrem einzigen Job machen, zumal wenn mehrere kleine Kinder zum Haushalt gehören. Allerdings sind die Verhältnisse derzeit nicht wirklich danach. Finanziell gesehen machen sie sich abhängig von ihrem Ehemann. Was ihre berufliche Karriere betrifft, so verzichten sie auf Erfahrungen und Kontakte, sodass sich später schwerer an das Erreichte anknüpfen lässt. Und anknüpfen müssen sie, weil bei einer Lebenserwartung von 80 Jahren und mehr selbst bei mehreren Kindern der Vollzeitjob Hausfrau nur für eine bestimmte Lebensphase in Frage kommen kann. Das alles heißt freilich nicht, dass frau unter keinen Umständen Vollzeit-Hausfrau sein sollte. Aber es ist doch zu bedenken und darf nicht in rosarotem Plüsch vergraben werden. Vielmehr müsste das Thema auf die politische Agenda kommen: Wie müsste unsere Gesellschaft organisiert sein, dass so eine Entscheidung nicht gänzlich zu Lasten der betreffenden Frau geht? Es ist ja nicht damit getan, Hausfrauen einfach zu ihrem »Super-Job« zu beglückwünschen und sie dann mit den Risiken und Nebenwirkungen allein zu lassen.

Früher war Hausfrau ein das Leben ausfüllender Job. Als es noch keine Küchenmaschinen gab und Erwerbsarbeit außer Haus für Frauen verpönt, als drei, vier oder fünf Kinder die Regel waren und die Lebenserwartung noch viel niedriger als heute, als die Männer noch »Ernährerlöhne« hatten, die für die ganze Familie reichten und einen sicheren Job bis zur Rente. Schon seit längerem ist das aber anders. Hausfrau sein ist ein Job unter mehreren geworden, ein wichtiger und unverzichtbarer nach wie vor, aber doch einer, der mit zwei, drei Stunden pro Tag und Kopf im Allgemeinen ganz gut erledigt werden kann. Ein Problem ist allerdings, dass diese zwei, drei Stunden Arbeit pro Tag und Kopf in keiner ökonomischen Bilanz so recht vorkommen. Ins Bruttosozialprodukt fließen sie jedenfalls nicht ein. Und so bleibt diese Arbeit unbilanziert und verschwindet aus dem Nachdenken der »großen« Politik.

Und zwar ist das nicht nur deshalb in Problem, weil die Arbeit der Frauen damit unsichtbar bleibt. Sondern auch, weil langsam ein gewisser Qualitätsverlust befürchtet werden muss. Denn der Hausfrauenjob ist ganz klar im Schrumpfen begriffen. Eine Studie hat ergeben, dass Frauen heute fünf Stunden pro Woche weniger Hausarbeit machen als noch 1992, Männer hingegen nur vier Minuten mehr. Fragt sich also: Was ist mit all der Arbeit passiert? Bei etwa 20 Millionen erwachsenen Frauen in Deutschland wären in den letzten 14 Jahren schließlich sage und schreibe 100 Millionen Hausarbeitsstunden – pro Woche! – einfach verschwunden. Ein Teil wurde vermutlich wegrationalisiert: Mehr Unterhosen landen wohl ungebügelt in der Schublade, und in den Ecken wird nur noch zweimal im Jahr geputzt. Andererseits war die überpenibel-adrette Hausfrau mit Kittelschürze auch 1992 schon passé. Wenn der Trend so weitergeht – und dafür spricht vieles – müssen wir uns vielleicht irgendwann Gedanken um die Qualitätssicherung machen.

Oder es springen andere für uns in die Bresche. Diesen sehr interessante Aspekt bringt Maria S. Rerrich in die Debatte ein. In ihrer Studie »Die ganze Welt zu Hause. Cosmobile Putzfrauen in privaten Haushalten« hat sie unter Arbeitgeberinnen und Putzfrauen recherchiert. Sie zeigt auf, einen wie wichtigen Anteil diese Putzfrauen an unserer Volkswirtschaft haben, indem sie dafür sorgen, dass die nicht funktionierende »Vereinbarkeit von Beruf und Familie« uns doch irgendwie über die Runden kommen lässt. »Transmigrantinnen« nennt Rerrich sie, weil sie meist zwischen Deutschland und ihrem Herkunftsland pendeln. Und da sie meist schwarz arbeiten, häufig auch noch illegal im Land sind, tauchen auch sie in keiner Bilanz und keiner Statistik auf. Zwar ist ihr Job gar nicht schlecht – die Löhne sind, im Vergleich zu dem, was männliche Ungelernte so verdienen, ganz gut und die Arbeitsbedingungen meist nicht schlecht. Allerdings ist ihre private Situation oft sehr belastend – meistens ließen sie ihre Familien zurück und ihre eigenen Kinder werden ihrerseits wieder von Migrantinnen versorgt. Eine gute Lösung ist das zunehmende »Outsourcing« der Hausfrauenarbeit jedenfalls, sowohl für die Arbeitgeberinnen als auch für die Putzfrauen selbst, nur angesichts der gegenwärtigen schlechten Rahmenbedingungen.

Beides, sowohl der zunehmende Einsatz »cosmobiler« Hausfrauen in Deutschland als auch der Versuch, den Frauen hierzulande den Einsatz im eigenen Haus wieder schmackhafter zu machen, führt jedenfalls in die falsche Richtung, weil es die wirtschaftspolitische und soziale Bedeutung dieser Arbeit weiter vertuscht. Spannender ist es da, den Spieß umzudrehen, so wie es etwa die Schweizer Ethikerin Ina Praetorius in ihrem Buch «Die Welt – ein Haushalt« gemacht hat: Das Prinzip des guten Haushaltens und die Tugenden der Hausfrau dürfen nämlich nicht länger ein Schattendasein in den eigenen vier Wänden oder in der illegalen Schwarzarbeit fristen, sondern müssen endlich das Licht der Welt erblicken. Denn in Wahrheit ist nämlich die ganze Welt ein Haushalt.