Tristan, Flora (Flore-Célestine-Thérèse-Henriette)
verh. Chazal
franz. Sozialistin
* 7.4.1803, Paris
† 14.11.1844, Bordeaux
Flora Tristan war eine der bedeutendsten Vertreterinnen des Sozialismus im 19. Jahrhunderts. Früher als viele andere trat sie für eine internationale Vereinigung der Arbeiterinnen und Arbeiter ein.
Leben
Geboren als uneheliche Tochter eines wohlhabenden Peruaners und einer Französin, wuchs Flora Tristan in relativ einfachen Verhältnissen auf auf. 1821 heiratete sie den Lithografen André Chazal, den sie jedoch 1825, nach der Geburt zweier Kinder und schwanger mit dem dritten, gegen seinen Willen verließ. 1833 reiste sie nach Peru, um von der Familie ihres verstorbenen Vaters ein Teil des Erbes einzuklagen, bekam aber nur eine kleine Jahresrente. Zurück in Paris verarbeitete sie ihre Reiseeindrücke literarisch, veröffentlichte Essays und Reportagen in renommierten Zeitungen. Damit profilierte sie sich als gesellschaftskritische Denkerin, es entstanden Kontakte zu Frühsozialisten wie Charles Fourier oder den Saint-Simonisten. Tristans beruflicher Erfolg veranlasste Chazal, von ihr Geld und ehelichen Gehorsam einzuklagen, und er entführte die neunjährige Tochter Aline. Als er in aller Öffentlichkeit einen Mordanschlag auf Flora ausübte, gelang es Tristan in einem spektakulären Schauprozess, eine Scheidung zu erwirken, ebenso das Sorgerecht für Aline. 1839 bereiste sie acht Monate lang England, um die industriellen Arbeitsbedingungen zu studieren und Kontakte zu englischen Frühsozialistinnen und Frühsozialisten wie Robert Owen und Anna Wheeler zu knüpfen. Tristan wurde nun zunehmend zur wichtigsten Vordenkerin des französischen Frühsozialismus. 1843/44 unternahm sie eine Vortragsreise durch Frankreich und forderte die Arbeiterinnen und Arbeiter auf, sich zusammen zu schließen und gemeinsam für ihre Rechte zu kämpfen. In Bourdeaux erlitt sie einen Gehirnschlag, an dem sie, erst 41 Jahre alt, starb.
Werk
Flora Tristan war die erste Sozialistin, die eine internationale Vernetzung der Arbeiterbewegung forderte und sich für gemeinsame politische Aktionsformen des Proletariats einsetzte, vor allem mit ihrem theoretischen Hauptwerk »Arbeiterunion« von 1844. Damit nahm sie die wichtigsten Forderungen des »Kommunistischen Manifestes« (1848) vorweg, mit dem Unterschied jedoch, dass Tristan, anders als Marx und Engels, dem Verhältnis der Geschlechter und der Rolle der Frauen eine zentrale Bedeutung zumaß. Ihre Erfahrungsberichte zeichnen sich dadurch aus, dass sie gesellschaftspolitische Analyse mit genauen Beobachtungen und Beschreibungen verband. Sie veröffentlichte zahlreiche Artikel und mehrere Bücher, insbesondere »Die Reisen einer Paria« (1837), »Spaziergänge durch London« (1840), »Londoner Tagebuch« (1840), »Tournee durch Frankreich« (1844).
Biografie: G. Leo, Das abenteuerliche Leben der Flora Tristan, 1990.
Zitat: Arbeiterinnen und Arbeiter! Tretet aus eurer Vereinzelung heraus: Vereinigt euch! Die Einheit schafft Stärke. Auf eurer Seite steht eure große Zahl, und das ist viel. (Flora Tristan)
in: Harenberg-Lexikon. Das Buch der 1000 Frauen, Meyers Lexikonverlag 2004.