Arabische Medienfrauen: Eins zu null für Scheherazade
Die marokkanische Soziologin Fatima Mernissi macht auf einen bedeutenden Umbruch in der Arabischen Welt aufmerksam: Im arabischen Fernsehen treten nämlich immer mehr Frauen auf – nicht nur als Bauchtänzerinnen, sondern auch als Reporterinnen, Filmproduzentinnen und Moderatorinnen; sogar eine bedeutende Wirtschaftsjournalistin ist darunter. 64 Prozent aller Zuschauer im arabischsprachigen Raum sind Frauen, doch der wichtigste Trumpf, den der Sender al-Dschasira gegen die saudische Konkurrenz ausspielen kann, sind die Starjournalistinnen, deren Eloquenz nicht nur von den weiblichen Zuschauern geschätzt wird.
Treibende Kraft hinter dieser Entwicklung ist die Satellitenschüssel. Damit könnte sich ein technisches Medium zum Katalysator einer Erneuerung der islamischen Gesellschaften entwickeln.
Die neuen, starken arabischen Medienfrauen berichten über politisch brisanten Themen der Welt, bieten aber auch Unterhaltung. Eine in vielen arabischen Ländern ausgestrahlte Fernsehserie einer Regisseurin erzählte zum Beispiel die Zeit der 1930er Jahre aus der Perspektive einer Frau und führte die Schwächung der arabischen (Männer-)Welt darauf zurück, die »Ressourcen« der Frauen nicht zu nutzen. In Unterhaltungssendungen und Talk-Shows trauen sich Moderatoren häufiger als Moderatoren, brisante Themen aufzugreifen, zum Beispiel die nachlassende sexuelle Lust in der Ehe. Eine interessante Erklärung dafür, warum diese Zunahme weiblicher Präsenz in der medialen Öffentlichkeit nicht auf größeren Widerspruch seitens der Männer stößt (es sind derzeit nur wenige, eher konservative, die dagegen wettern) ist, dass sich die Männer in den Frauen wieder finden, weil sie sich und diese als Opfer interpretieren, die sich gegen eine lange Unterdrückung wehren. Ein anderer Faktor, auf den Mernissi aufmerksam macht, ist die große Nachfrage nach Journalist/innen, die durch den gegenwärtigen Boom an Fernsehsendern entsteht, ebenso wie an einem Aufwind für liberale-tolerante Strömungen im Islam als Gegenbewegung zu den islamistischen Fanatikern seit dem 11. September 2001.
Ebenfalls wichtig ist das Verhalten der ZuschauerInnen, die sich durch ihre vielen Programme zappen und die Shows und Nachrichtensendungen kompetenter und eloquenter Reporterinnen und Moderatorinnen bevorzugen gegenüber traditionell-konservativer Propaganda.
Eine spannende Analyse dieses gegenwärtigen Umbruchs liefert Fatima Mernissi in einem langen Artikel in der Monde diplomatique vom 10. September 2004.