Antje Schrupp im Netz

Newsletter vom 21. Oktober 2007

1. Feministischer Streit über Religiosität

Im Internetforum »beziehungsweise weiterdenken«, das Anfang des Jahres gestartet ist, hatten wir im Frühjahr eine Auseinandersetzung über weibliche Spiritualität. Das Thema ist ja geradezu ein Klassiker inner-feministischer Streitigkeiten: Unterscheidet sich weibliche von männlicher Spiritualität und wenn ja, wie? Können etablierte, patriarchale Religionen feministisch umgestaltet werden oder machen sich Frauen dadurch mitschuldig? Sind matriarchale Göttinnen-Vorstellungen ein besserer Weg oder können sie Geschlechtsrollenklischees begünstigen? Schnell waren bei unserer Mailinglisten-Debatte die Emotionen geladen, der Ton wurde rauer. »Als dieser Streit so plötzlich und unerwartet aufflammte, konnte ich besser nachvollziehen, warum Religionskonflikte oft schnell so heftig werden. Es geschah nicht irgendwo weit weg von unserer Zivilisation, im Irak, in Indien oder in Afrika, sondern hier bei uns, in einer Redaktion einer Zeitung für Philosophie und Politik.« schreibt Dorothee Markert, auf deren Anregung hin wir uns entschlossen haben, diese Diskussion öffentlich zu machen. Denn immerhin hatten wir uns ja vorgenommen, in unserem Forum gerade auch Konflikte und Differenzen unter Frauen zu thematisieren.

Den Text »Weibliche Spiritualität ist…« findet Ihr hier: http://www.bzw-weiterdenken.de/artikel-8-88.htm – es gab darauf auch schon einige interessante Zuschriften, zu denen führt ein Link am Ende des Textes. Mit dem Thema »Aneinander geraten. Konflikte und Fraktionen im deutschen Feminismus« beschäftigt sich auch ein älterer Artikel von mir: http://www.bzw-weiterdenken.de/artikel-2-5.htm

2. Simone de Beauvoir zum Hundertsten

Im Januar 2008 jährt sich der Geburtstag von Simone de Beauvoir zum 100. Mal – ein guter Anlass, nach vielen Jahren mal wieder »Das andere Geschlecht«, aber auch die anderen Bücher von ihr zu lesen. Anfang des Jahres sind eine ganze Reihe Veranstaltungen dazu geplant, auf eine möchte ich euch jetzt schon besonders hinweisen: Ein Wochenende im Frauenstudien- und -Bildungszentrum der EKD, bei dem wir uns intensiv mit Beauvoirs Texten beschäftigen, in Erinnerungen schwelgen und natürlich den Geburtstag feiern. Es ist die Fortsetzung einer Reihe, die Kirsten Beuth, Ingeborg Gleichauf und ich vor einem Jahr zum 100. Geburtstag von Hannah Arendt ins Leben gerufen haben und, wenn alles klappt, in 2009 zum 100. Geburtstag von Simone Weil fortsetzen möchten. Ich würde mich freuen, die ein oder andere von euch da kennen zu lernen (oder wieder zu treffen). Zur Einstimmung empfehle ich die neue Biografie von Ingeborg Gleichauf, die im Übrigen gleichzeitig auch ein Geschenktipp für »nachfeministische« Töchter, Nichten oder Enkelinnen ist…

Das Seminar findet vom 11. bis 13. Januar 2008 entweder in Gelnhausen oder in Hofgeismar statt (wohin das FSBZ zum Jahreswechsel umzieht, aber vielleicht ist die Tagung trotzdem noch in Gelnhausen). Anmeldungen und Informationen unter www.ekd.de/fsbz. (Ihr müsst anrufen, im Internet stehen noch keine näheren Infos). Meine Rezension zu der Biografie von Ingeborg Gleichauf über Simone de Beauvoir mit dem Titel »Sein wie keine andere« findet Ihr hier: http://www.bzw-weiterdenken.de/artikel-7-90.htm.

3. Politik der Frauen gegen Zukunftsangst

Müssen wir angesichts der demografischen Entwicklung Angst vor der Zukunft haben? Einige Rezensentinnen haben mir nach der Lektüre von »Methusalems Mütter« vorgeworfen, ich wäre zu optimistisch, würde die anstehenden Probleme schön reden. Andere haben bemängelt, ich hätte keine konkreten Lösungen anzubieten, mein Text bleibe »nebulös«, wie es Andrea Grunert in der »Jungen Welt« geschrieben hat. Ich habe überlegt, wie es zu diesem Eindruck kommen konnte, und glaube, dass es daran liegt, dass sich mein Ansatz an einem wichtigen Punkt von den meisten Veröffentlichungen zu dem Thema unterscheidet: Ich mache keine soziologische Bestandsaufnahme, sondern was mich interessiert hat, ist die Frage, wie wir solche Fragen politisch verhandeln können. … Gelegenheit zur Diskussion über das Thema gibt es im November in der Reihe »Quer gedacht« des Bayerische Landesfrauenausschusses. In diesem Jahr heißt das Thema nämlich »Abschied vom Generationenvertrag – Wer sorgt in Zukunft für Kinder und alte Menschen?«. Das Impulsreferat hält Elisabeth Beck-Gernsheim, anschließend gibt es eine Diskussion mit mir und Clarissa Rudolph. Ein Interview über »Methusalems Mütter« ist zudem unter dem Titel »Politik der Frauen gegen Zukunftstangst?« in der neuesten Ausgabe der »efi« erschienen und steht jetzt auch im Netz.

Das Interview findet Ihr hier: antjeschrupp.de/methusalems-muetter-interview-efi, eine Übersicht über die Rezensionen zu »Methusalems Mütter«, u.a. auch mit einem Link zum Artikel in der »Jungen Welt«, hier: antjeschrupp.de/methusalems-muetter. Die Veranstaltung des Bayerischen Landesfrauenausschusses ist am Donnerstag, 15. November, 17 Uhr im Bayerischen Sozialministerium, Winzererstraße 9, in München. Informationen und Anmeldung beim Bayerischen Landesfrauenausschuss, Telefon 089 12611412.

4. Wie weibliche Freiheit entsteht

Zwei Veranstaltungen zum Thema weibliche Freiheit, welche Rolle dabei die Beziehungen unter Frauen spielen und was genau eigentlich eine Frau ist, stehen im November ebenfalls an: Ich bin eingeladen als Referentin zu einem Tagesworkshop im Odenwald und zu einem Vortrag in Erfurt. Beidesmal wird es darum gehen, an einer freien Bedeutung der weiblichen Differenz zu arbeiten, sie als kulturelles Phänomen zu verstehen, das nicht die Folge externer Festlegungen ist, sondern ein Ausdruck des freien Handelns von Frauen. Es überwindet die falschen Alternativen von Freiheit und Abhängigkeit, von Gesellschaftlichkeit und Körperlichkeit, von Harmonie und Konflikt – womit wir in gewisser Weise wieder am Anfang dieses Newsletters gelandet wären ☺

Der Workshop im Odenwald findet am Samstag, 17. November, von 10–18 Uhr in Reichelsheim-Unterosten statt – die Teilnahme kostet 45 Euro, Anmeldung ist erforderlich, da begrenzte Teilnehmerinnenzahl: bei Barbara Linnenbrügger, Telefon 06164 500276 oder barbara@linnenbruegger.org. Der Vortrag in Erfurt ist am Dienstag, 20. November, um 19.30 Uhr im Frauenzentrum »Brennessel«, Meister-Eckehart-Straße 5.