Antje Schrupp im Netz

Muslimische Mitarbeiterinnen – aber klar!

Hat eine evangelische Einrichtung, zum Beispiel eine Kita, nur dann evangelisches »Profil«, wenn sie ausschließlich christliches Personal hat? Die Frage ist derzeit aktuell. Denn der große, politisch gewollte Ausbau von Kitas und Krabbelstuben führt zu Engpässen beim Personal: Es gibt schlicht und ergreifend nicht genug christliche Bewerberinnen für den Job.

Pragmatisch gestehen steht die evangelische Kirche daher vor der Alternative, entweder auch nicht-christliche Erzieherinnen einzustellen – oder auf den Ausbau ihrer Einrichtungen zu verzichten, vielleicht sogar manche auch zu schließen. Doch es wäre falsch, die Angelegenheit nur unter dem Druck der Verhältnisse zu betrachten. Denn es ist auch inhaltlich richtig, sich von der alten Richtlinie zu verabschieden, wonach im Prinzip nur christliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt werden.

Längst repräsentiert das »evangelische Milieu« nur noch eine Minderheit der Menschen. Frankfurt ist eine multikulturelle und multireligiöse Stadt, und viele kirchliche Einrichtungen werden zu einem Großteil von nicht-christlichen und speziell auch vielen muslimischen Kindern besucht.

Aber es geht hier nicht bloß darum, auch ihnen eine Bezugsperson zu bieten, die ihren kulturellen Hintergrund teilt. Das entscheidende Argument ist der Bildungsauftrag, den Kitas oder Jugendhäuser haben. Dass Kinder und Jugendliche ein Gespür für soziale, religiöse und kulturelle Unterschiede bekommen und dass sie lernen, wie man mit Menschen zusammenlebt, die »anders« sind, gehört heute zu den wichtigsten Inhalten von Bildung und Erziehung. Natürlich kann auch ein Team aus deutschen Christinnen Respekt für Andersdenkende vermitteln. Aber sie können diesen Respekt nicht vorleben, wenn ihr Team homogen zusammengesetzt ist.

Kinder lernen nun einmal nicht durch abstrakte Belehrungen, sondern durch Beispiele. Muslimische Erzieherinnen oder Sozialarbeiter im Team sind deshalb eine wunderbare Chance, um multikulturellen Alltag praktisch vorzuleben und nicht nur theoretisch zu predigen. Besonders wichtig ist das natürlich dort, wo viele Kinder aus anderen Religionen und Kulturen betreut werden. Aber eben nicht nur. Gerade auch deutsche, christliche Kinder, die aus Milieus kommen, in denen es noch wenig »Multikulti« gibt, brauchen solche Lebenserfahrungen.

Das »Evangelische« geht dadurch keineswegs verloren. Für viele Teams wird sich so ja überhaupt erst einmal die Notwendigkeit ergeben, über die eigene Religion bewusst nachzudenken. Und das kann der Glaubensfestigkeit ja nur gut tun.

Im Gegenteil wäre es sogar ganz und gar »unevangelisch«, Kindern die Chance, religiöse und kulturelle Vielfalt im Kita-Alltag zu erleben, vorzuenthalten – oder gar, Musliminnen zwar in der Rolle der Putzfrau oder Köchin, aber nicht in der der Erzieherin zu akzeptieren. In gewisser Weise liegt in dieser Herausforderung sogar eine Chance. Denn multireligiöse Vielfalt bedeutet auch, dass es wieder wichtiger wird, von Gott zu sprechen. Und anders als säkulare Einrichtungen wissen wir in der Kirche (zumindest theoretisch), wie das geht.


In: Kirche Intern, September 2009